Quantcast
Channel: Roman – Lovely Mix
Viewing all 90 articles
Browse latest View live

[Rezension] Die Falle – Melanie Raabe

$
0
0

inhalt3

    Die Falle von Melanie Raabe (c) BTB
Die Falle von Melanie Raabe (c) BTB

Autorin: Melanie Raabe; Verlag: BTB – Verlagsgruppe Random House; Erscheinungsjahr: 2015; Seiten: 351; Format: Hardcover

Text Buchrücken vom Verlag:

Was muss passiert sein, dass du dich elf Jahre in deinem Haus vor der Welt abschottest?

Ich bin nicht von dieser Welt. Das sagen zumindest die Leute. Als ob es nur eine Welt gäbe. Ich stehe in meinem großen, leeren Esszimmer, in dem ich niemals esse, und sehe nach draußen. Der Raum liegt im Erdgeschoss, der Blick fällt durch die eine große Fensterfront auf die Wiese hinter meinem Haus und auf den Waldrand. Dann und wann kann man Rehe beobachten. Füchse. Meine Welt ist nicht weit, aber meine Welt ist sicher. Zumindest dachte ich das.

Was muss passieren, dass du es wieder verlässt?

Meinung

Schreibstil

Melanie Raabe schreibt die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Linda. Der Schreibstil ist dabei sehr ausdrucksstark und bildhaft. Zwischendurch finden sich Kapitel aus dem Roman, den Linda schreibt. Melanie Raabe schreibt quasi ein Buch im Buch und schaffte es auch, mir glaubhaft zu vermitteln, dass beide von verschiedenen Autorinnen sind. Im Vergleich zum eigentlichen Buch, ist das Buch von Linda eher kühl und schlicht geschrieben.

Charaktere und Geschichte

„Italien erinnert mich an meine Schwester und daran, wie die Dinge früher waren, vor der Dunkelheit.“ (S. 7)

Linda Conrads ist 38 Jahre alt, Autorin und war seit elf Jahren nicht mehr vor der Tür. Sie hat ihre Schwester ermordet in einem Blutbad vorgefunden und den Mörder beim Flüchten gesehen. Seitdem verfolgt sie das Gesicht des Mörders bis in ihre Träume. Aufgrund ihrer Panikattacken und seelischen Risse, die sie durch dieses Ereignis davongetragen hatte, schottet sie sich von der Außenwelt ab. Nur mit ihrem Verlag und ihrer Assistentin hat sie noch Kontakt. Melanie Raabe schaffte es, dass ich als Leser diese seelischen Schmerzen und Ängste richtig spüren konnte. Die Charaktere sind zwar nicht unbedingt Menschen, die man anfängt ins Herz zu schließen, aber sehr authentisch und facettenreich gezeichnet.

Linda kommt in ihrer Welt gut klar und fühlt sich sicher. Bis sie eines Tages das Gesicht dieses Monster im Fernsehen sieht. Sie ist zutiefst schockiert, ihre Welt gerät ins Wanken und sie schmiedet einen Plan, den Mörder in eine Falle zu locken.

„Meine Welt liegt in Schutt und Asche. Ich sitze auf meinem Bett, inmitten der Trümmer und starre auf den Fernseher. Ich bin eine offene Wunde. Ich bin der Geruch von rohem Fleisch.“ (S. 10)

Die Kapitel aus dem Buch, das Linda Conrads schreibt, geben auch Einblicke in die Zeiten damals, kurz vor und nach dem Tod der Schwester. So lernen wir, wie Linda einmal war und auch ein bisschen etwas über Anna, die Schwester. Allerdings sorgte dieses Buch im Buch streckenweise dafür, dass das Buch etwas lang war. Auch einige Wort- und Satzkonstellationen wiederholen sich öfter, das zwar beabsichtigt ist, da es die Verwirrung und Ängste von Linda ausdrücken soll, aber nach einer Zeit hat es mich etwas gestört. Dadurch hatte der Spannungsbogen für mich leichte Dellen. Dennoch konnte mich das Buch packen. Melanie Raabe schaffte es, mich erst komplett zu überraschen, auf eine falsche Fährte zu führen, nur um mich dann wieder auf den alten Pfad zu führen, der dann aber doch wieder überraschenden Wendungen bereit hielt.

Fazit

Mit den authentischen und facettenreichen Charakteren konnte Melanie Raabe bei mir Punkten. Ihr Schreibstil ist sehr ausdrucksstark und transportiert die Gefühle von Linda so glaubwürdig, dass ich ihre Ängste und seelischen Schmerzen schon fast mit spüren konnte. Stellenweise war das Buch aber etwas lang. Durch manche Wiederholungen, die zwar im Großen und Ganzen die Gefühle von Linda stark ausdrücken, mich aber manchmal störten, hat der Spannungsbogen für mich manchmal etwas gelitten. Dennoch war das Buch packend, vor allem durch den Schreibstil und die überraschenden Wendungen, die Melanie Raabe immer wieder einbaute.

4herzen

Autorin:

Melanie Raabe, 1981 in Jena geboren, wuchs in einem kleinen Dorf in Thüringen und einer Kleinstadt in NRW auf. Sie studierte Medienwissenschaft und Literatur in Bochum, lebt in Köln und arbeitet dort als Journalistin, Drehbuchautorin, Bloggerin, Performern und Theaterschauspielerin. Sie betreibt einen eigenen Interview-Blog (www.biographilia.com) und erhielt bereits einige Preise für ihr Schreiben. Die Rechte an „Die Falle“ wurden bereits vor Erscheinung nach Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien und ins englischsprachige Ausland verkauft.


[Rezension] Madame Picasso – Anne Girard

$
0
0

inhalt3

Madame Picasso von Anne Girard (c) Aufbau Verlag
Madame Picasso von Anne Girard (c) Aufbau Verlag

Autorin: Anne Girard; Erscheinungsjahr: 2015; Verlag: Aufbau Verlag; Seiten: 464; Format: Paperback;

Die junge Eva kommt in die schillernde Metropole Paris, im Jahr 1911, um sich ein neues Leben aufzubauen. Im Herzen der Bohème verliebt sie sich in den überaus talentierten Ausnahmekünstler Pablo Picasso. Trotz aller Widerstände erwidert er ihre Gefühle und es beginnt eine der großen Liebesgeschichten des Jahrhunderts. Eva wird nicht nur Picassos Halt, seine Liebe, sondern auch seine Muse. Ihr Kennenlernen wird ihrer beider Leben für immer verändern.

Meinung

Schreibstil

Das Buch begleitet sowohl Eva, als auch Picasso und später beide gemeinsam und ist in der dritten Person geschrieben. Der Schreibstil ist einnehmend, dennoch schlicht, gespickt von französischen Ausdrücken und Redewendungen, gespickt von Kunst, Kultur und einem Hauch Lyrik passend zur damaligen Zeit.

„Pablo Picasso war eine Naturgewalt, mächtig wie ein Orkan, und heute war sie den glorreichem Zentrum jenes gewaltigen Sturms, den sie vor sich ahnte, nahe gekommen.“ (S. 131)

Geschichte  und Charaktere

Wir erleben gemeinsam ein Stück von Evas Leben, wie sie in Paris ein neues Leben beginnen möchte, wie sie kämpft und was sie sich alles aufbaut. Und wir erleben den Beginn von Picassos Ruhm, seinen Kampf damit, seinen Kampf mit der Vergangenheit, seinen Dämonen, seiner bereits zum Scheitern verurteilten Beziehung mit Fernande. Anne Girard schaffte es, Picasso, Eva, Fernande und all die andern großen Künstler, Dichter und Lyrik wundervoll authentisch und detailgetreu zu Zeichen. Ich fühlte mich, als würde ich über den wahrhaften Picasso lesen.

„Pablo Picasso war ein komplexes Genie, ebenso machtvoll in seiner Leidenschaft wie in seiner Wut, und sie wusste eins mit Sicherheit: Sie hatte sich Hals über Kopf in diesen Mann verliebt […]“ (S. 266)

Eva ist eine sehr beeindruckend und starke Persönlichkeit, die Anne Girard wirklich gut getroffen hat, und Details zu ihrem Leben, ihren Gefühlen und ihrer Liebe zu Picasso gekonnt mit den Gefühlen und dem Leben von Picasso selbst verwoben hat. Und das, obwohl nur wenig über Eva Gouel bekannt ist. Auch Picasso hat Anne Girard treffend gezeichnet und einen Blick hinter die chaotische, unnahbare Fassade, die die Welt von ihm kennt, gebracht. Die Geschichte ist sehr berührend und an vielen Stellen voller Leidenschaft zwischen Eva und Pablo und der Leidenschaft zur Kunst.

„In seinem Kopf und in seinem Herzen war Eva so vieles, sie war Marcelle, sie war Eva, war Näherin, Kostümbildnerin, exotische Geisha, Polin, Französin, sinnlich, zart, aufrichtig – und ganz und gar vollkommen.“ (S. 257)

Anne Girard hat einen Hauch Fiktion geschickt mit der Realität und den wahren Fakten, die rund um Picasso, seine Werke, seinen Freundeskreis und sein Leben bekannt sind, vermischt. Das Buch konnte mich immer bei Laune halten und hatte nur selten kleine Stellen, die etwas lang waren. Ich mochte es sehr und habe Lust bekommen, mehr über die damalige Zeit, Kunst und Lyrik zu erfahren.

Irgendwie hat es mich aber nicht komplett einnehmen können, nicht ganz bewegen und ergreifen können, wie es eine der größten Liebesgeschichten des Jahrhundert hätte tun können. Ich kann leider nicht einmal genau sagen warum, vielleicht weil es trotz des einnehmenden Schreibstil viel Geschichte rüberbrachte und nur in wenigen Stellen die Liebe zwischen Eva und Picasso so tiefgründig und unbegrenzt, wie sie war, bei mir ankam. Vielleicht auch daran, dass es dem Schreibstil hin und wieder etwas daran fehlte, die Atmosphäre im damaligen Paris wirklich vollkommen zu transportieren.

Fazit

Anne Girard schaffte es, einen Hauch Fiktion mit viel bekannten, wahren Fakten aus Picassos Leben zu vermischen. Obwohl nur wenig über seine große Liebe Eva Gouel bekannt ist, konnte Anne Girard deren beider Leben und Liebe gekonnt rüberbringen und lässt keinen Moment zweifeln, dass es eventuell nicht ganz so geschrieben ist, wie es wirklich war. Der Schreibstil war zu großen Teilen eher schlicht aber dennoch einnehmend. Mir hat nur hin und wieder etwas die Leidenschaft gefehlt, die an manchen Stellen so wunderbar aufflammte. Ab und an flachtet der Stil etwas ab, und konnte die Atmosphäre nicht mehr ganz so gut transportieren. Dennoch konnte mich Anne Girard mit Madame Picasso und der Art, wie realitätsnah und authentisch sie die Geschichte erzählt für sich gewinnen, weshalb ich vier Herzen vergebe.

4herzen

Autorin:

Anne Girard hat Englische Literatur und Psychologie studiert. Im Anhang des Buches erklärt sie, wie sie für Madame Picasso recherchierte. Sie reiste von Paris über die Provence bis nach Barcelona. Dort traf sie Zeitgenossen und Freunde von Picasso und las viele Korrespondenzen zwischen Eva und Picasso und Eva und Gertrude Stein. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Kinder lebt Anne Girard in Südkalifornien. Mehr über sie gibt es auf ihrer Internetseite www.annegirardauthor.com.

Weitere Rezensionen:

Gochimiko

Aefkaeys World of Books

Sinje Blumenstein

[Rezension] Die Magie der kleinen Dinge – Jessie Burton

$
0
0

inhalt3

Die Magie der kleinen Dinge von Jessie Burton (c) Limes - Random House
Die Magie der kleinen Dinge von Jessie Burton (c) Limes – Random House

Verlag: Limes – Random House; Erscheinungsjahr: 2015; Seiten: 465; Autorin: Jessi Burton Format: Hardcover; Originaltitel: The Miniaturist; Originalverlag: Picador, London

Nella, 18 Jahre alt, wird mit dem Amsterdamer Johannes Brandt verheiratet. Brandt ist ein reicher und weithin bekannter Handelsmann. Als sie in dem Herrenhaus in der Herengracht in Amsterdam eintrifft, schlägt ihr nur kalte Abneigung entgegen. Nur das Hochzeitsgeschenk – ein Puppenhaus als exakte Nachbildung des Herrenhauses – spendet ihr etwas Trost. Sie bestellt bei einem Miniaturist Dinge für das Puppenhaus. Doch schon bald nimmt die Geschichte einen mysteriösen Lauf.

Meinung

Schreibstil

Der Schreibstil von Jessi Burton konnte mich leider nicht sofort mitreisen. Ich hatte lange Schwierigkeiten, in die Geschichte zu finden. Es passiert sehr lange kaum etwas, die Handlung schleppt sich und dadurch wirkte der Schreibstil für mich etwas steif. Das Holländisch zwischenrein, die Zitate aus der Bibel und die Art zu Reden, wie es im Jahre 1686 üblich war, sind zwar gut getroffen und geben dem Buch durchaus einen Reiz. Sie sorgten aber dafür, dass sich das ganze noch mehr schleppte. Im Laufe des Buches ist es dann aber noch besser und flüssiger geworden. Auch die Übergänge zwischen manchen Kapiteln und Zusammenhänge waren für mein Befinden teilweise etwas holprig, zumindest im ersten Teil des Buches.

„Als Nella den Mantel fester um sich zieht und auf ihr Zimmer zusteuert, bewegt sich oben an der Treppe ein Schatten. Die Rückseite eines Fußes verschwindet mit angehobener Ferse in der Dunkelheit.“ (S, 215)

Sätze wie dieser sorgten vor allem im hinteren Teil des Buches für etwas mehr Spannung und brachten etwas Mysteriöses hinein. Aber leider ist es dadurch gedämpft, dass viele nicht notwendige Ausschmückungen dabei waren. Kurz und knackig, das sich ein Schatten bewegt, hätte gereicht und wäre für mich spannender.

Charaktere und Geschichte

„Aber die Miniaturistin sieht dich – sie sieht uns alle.“ (S. 205)

Nella ist arm und lebt in einem Bauerndorf. Mit 18 wird sie an den reichen Händler Brandt verheiratet. Sie wird mit der kalten Schulter im Herrenhaus aufgenommen und führt ein einsames, tristes Leben. Ihr Leben als Ehefrau, hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Johannes ist ständig unterwegs wegen seinen Geschäften, seine Schwester Marin ist eiskalt und launisch. Nur mit dem Diener und dem Dienstmädchen, Otto und Cornelia, wird Nella zunächst warm. Das Puppenhaus, dass sie von Johannes als Hochzeitsgeschenk bekommt, sorgt für etwas Trost. Bis sie das erste Mal bei einem Miniaturist bestellt. Von da an, bekommt sie immer wieder Miniaturen, die sie nicht bestellt hatte, und die Hinweise zu ihrer Familie und deren Schicksal verbergen. Nella beginnt zu erahnen, dass die Brandts nicht zu perfekt sind, wie es scheint und gerät immer mehr auf die Spur der dunklen Geheimnisse.

Von der Idee her hat die Geschichte also durchaus Potenzial und klingt sehr interessant. Daher bin ich mit der Erwartung an einen packenden Roman, voller mysteriöser Vorkommnisse herangegangen. Leider hat sich die Handlung mehr als 100 Seiten lang sehr geschleppt, es passierte so gut wie nichts. Später ging es dann um so schneller voran und eine neue Entdeckung und ein aufgedecktes Geheimnis jagt das andere. Wäre es besser verteilt gewesen, hätte das Buch sein Potenzial viel mehr ausgeschöpft. Zudem sind für mich die Handlungsstränge nicht alle perfekt zusammengelaufen oder sind einfach nicht richtig aufgeklärt worden. So erfährt man nie, was denn jetzt die Absichten der Miniaturistin waren, was Nella sich diesbezüglich überlegt hat und wie die Miniaturistin vorgegangen ist. Stattdessen geschehen viele andere Dinge. Es war ein bisschen wie zwei Geschichten, die nicht richtig rund zusammengeführt sind.

Mit den Charakteren konnte mich Jessie Burton aber definitiv überzeugen. Zwar finde ich, kann ich keinen wirklich als sympathisch beschreiben, aber alle sind stark und facettenreich gezeichnet. Ich mag es immer sehr, wenn die Protagonisten nicht einfach gut oder schlecht sind, sondern beides ein bisschen. Denn jeder Mensch hat seine Geheimnisse und sein Päckchen zu tragen. Jeder hat seine guten und schlechten Seiten. Das hat Jessie Burton wirklich gut umgesetzt und so authentische, starke Charaktere geschaffen, die sehr vielseitig und unterschiedlich sind.

Fazit

Ein Buch, bei dem ich mit hohen Erwartungen ans Lesen gegangen bin, dass mich aber nicht ganz überzeugen konnte. Ich habe lange gebraucht, in das Buch zu finden. Die Handlung lief lange sehr schleppend und ereignislos. Erst in der Mitte, oder gar weiter hinten, nahm die Geschichte Fahrt auf. Hier jagte dann ein Ereignis und eine Entdeckung die andere und konnte mich doch noch packen. Die Charaktere konnten mich alle überzeugen. Leider fühlte es sich für mich an, als hätte Jessie Burton zwei verschiedene Geschichten verbinden wollen, was aber nicht ganz rund war. Mir fehlt auch eine Aufklärung rund um die Miniaturistin. Da das Buch aber nach den Anlaufschwierigkeiten noch spannender und ereignisreicher wurde und die Charaktere stark und facettenreich waren, gibt es drei Herzen.

3herzen

Autor:

Jessie Burton wurde 1982 geboren und studiere an der Oxford University und an der Central School of Speech and Drama. Sie lebt in London und arbeitet unter anderem als Schauspielerin. Die Magie der kleinen Dinge ist ihr Debütroman, mit dem sie viele Verlage auf der Welt begeistern konnte. In England eroberte sie sofort die Bestsellerliste. Mehr zu Jessie Burton unter www.jessieburton.co.uk.

[Rezension] Der Zug der Waisen – Christina Baker Kline

$
0
0

inhalt3

Der Zug der Waisen von Christina Baker Kline (c) Goldmann
Der Zug der Waisen von Christina Baker Kline (c) Goldmann

Autorin: Christina Baker Kline; Erscheinungsjahr: 2014; Verlag: Goldmann; Seiten: 338; Format: Hardcover; Originaltitel: „Orphan Train“: Originalverlag: Wiliam Morrow, Imprint of HarperCollins Publishers, New York.

Vivian Daly, Tochter irischer Einwanderer, verliert bei einem Wohnungsbrand in New York, 1929, ihre gesamte Familie. Zusammen mit anderen Waisen wir sie in einen Zug, der in den Mittleren Westen fährt, verfrachtet. Auf dem Land sollen die Kinder ein neues Zuhause finden. Doch die Reise geht ins Ungewisse, nur wenige erwartet ein liebevolles Heim. Auch Vivian stehen einige Bewährungsproben bevor. Erst nach vielen Jahrzehnten, mit 91 Jahren, bekommt sie die Chance, bei der Begegnung mit der rebellischen Molly, das Schweigen zu brechen.

„Man nennt dies einen Waisenzug, Kinder, und ihr habt Glück, dass ihr mitfahren dürft.“ (S. 45)

Meinung

Schreibstil

Christina Baker Kline konnte mich vom ersten Satz im Prolog an fesseln und berühren. Der Schreibstil ist emotional und tiefgründig, übertreibt aber nicht mit unnötigen Ausschmückungen. Sie fasst die Stimmung und Schicksale der Waisenkinder sehr bewegend auf und spart dabei nicht, die Dinge knallhart zu schildern. Einfach ein wirklich toller Schreibstil, der mir in Erinnerung bleiben wird.

„Ich glaube an Geister. Sie sind es, die uns verfolgen, die uns allein zurückgelassen haben. […] Die Geister redeten mir zu, sie flüsterten, ich solle weitermachen.“ (S. 10)

Geschichte  und Charaktere

Christina Baker Kline erzählt eine Geschichte, die nah an der Realität dran ist. Vivian Daly ist die Tochter irischer Einwanderer und gerade mal neun Jahre alt, als sie ihre Familie bei einem Wohnungsbrand in New York verliert. Sie wird gemeinsam mit vielen anderen Waisenkindern in einen Zug verfrachtet. Er fährt in den Westen und soll die Kinder zu Familien bringen, die ihnen eine Chance auf ein behütetes Leben geben. Doch der Schein trügt, denn längst nicht alle, meist sogar ein Großteil der Kinder, kommt in eine liebendes, behütetes Zuhause. Für viele Familien sind die Kinder eine billiger Arbeitskraft – auf der Farm, im Haushalt, als Näherin. Viele leben in erbärmlichen Verhältnissen und müssen, ebenso wie Vivian, vieles in ihren so frühen Jahren durchmachen.

Besonders berührt hat mich die Geschichte, weil es diesen „Orphan Train“, wie er wirklich heißt und Schicksale, wie das von Vivian, tatsächlich gab. Beim Lesen spürte ich, wie sehr Christina Baker Kline mit den noch lebenden Zugkindern für ihre Recherche in Berührung war. Vivians Schicksal ging unter die Haut und hat mich emotional mitgenommen. Nicht nur, weil sie vermutlich mehr durchgemacht hatte, als viele in ihrem gesamten Leben, und das bevor sie überhaupt 15 Jahre alt war. Sondern auch, weil sie trotz allem nie ihren Mut verloren hat und sich durchkämpfte.

„Ich lernte weiterzumachen und auszusehen wie jeder andere, auch wenn ich mich innerlich zerbrochen fühlte.“ (S. 144)

Vivian ist ein sehr starker, authentischer und lebensnaher Charakter, die wir als Frau mit 91 Jahren treffen und erzählt bekommen, wie sie ihre Kindheit verleben musste. Und auch Molly, 17 Jahre alt, ist ein ebenso vielschichtiger und realitätsnaher Charakter, mit der man mitfühlt. Molly hat ein ähnliches Schicksal wie Vivian, ebenfalls quasi eine Waise. Durch Zufall stolpert sie in Vivians Leben und beide entwickeln eine ungewöhnliche Freundschaft. Endlich kann Vivian ihr Schweigen brechen und all die schlechten aber auch guten Erinnerungen mit jemandem teilen. Die beiden geben sich Stärke und Mut und stützen einander.

„Es ist ein angenehmer Ort zum Heimkommen. Ein Zuhause.“ (S. 246)

Fazit

Christina Baker Kline konnte mich mit „Der Zug der Waisen“ mit allen Aspekten vollkommen überzeugen. Vom ersten Satz an war ich an das Buch gefesselt und wurde emotional berührt. Vivian und Molly sind zwei authentische, vielschichtige, liebenswerte und starke Charaktere. Beide durch ein trauriges, aber leider sehr reales Schicksal verbunden. Die Geschichte konnte mich mit jedem Wort bewegen und verdient volle fünf Herzen und eine klare Leseempfehlung.

5herzen
Autorin:

Christina Baker Kline, aufgewachsen in England und den USA, unterrichtete Literatur und Kreatives Schreiben. Später hat sie sich als Buchautorin und Herausgeberin von Anthologien einen Namen gemacht. In den USA genießt ihr Roman „Der Zug der Waisen“ großen Erfolg und konnte sich monatelang an der Spitze der Bestsellerliste der New-York-Times halten. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann und drei Söhnen in Montclair, New Jersey.

[Rezension] Ewig und Eins: Adriana Popescu

$
0
0

inhalt3

“Es kommt nicht darauf an, wo man ist, sondern mit wem man da ist.” (S. 307)

Ewig und eins von Adriana Popescu (c) Piper
Ewig und eins von Adriana Popescu (c) Piper

Autorin: Adriana Popescu; Erscheinungsjahr: 2015; Verlag: Piper; Seiten: 316; Format: Taschenbuch

Ella, Jasper und Ben dachten, ihre Freundschaft ist für immer. Bis das Leben dazwischen kam. Erst sieben Jahre nach dem Abi sehen sie sich wieder. Bis zu diesem Klassentreffen war Funkstille. Doch lange halten sie es auf dem Treffen nicht aus und ziehen lieber um die Häuser. Ganz so wie damals – für diese eine Nacht. Es zeigt sich, dass noch immer viele Fragen offen sind. Und je länger die Nacht dauert, desto schneller schlägt Ellas Herz – bis ein paar Worte, die all die Jahre überdauert haben, es brechen lassen.

Meinung

ewig-und-eins

Phu, was soll ich sagen, ich bin BEGEISTERT. Ich kann euch die Rezension heute nicht in Schreibstil, Geschichte und Charaktere unterteilen. Ich muss meine Gedanken einfach rauslassen. Was anders geht einfach nicht.

“Weil es ohne dich kein “uns” gibt, weil du alles ewig machst und mich jeden Tag aufs Neue verzauberst.” (S. 91)

Wie bei Adriana’s letzten Büchern bin ich wieder vom ersten Satz an gefangen gewesen. Auch wenn ich mich wiederhole – aber ich liebe ihren Schreibstil! Sie schafft es mit jedem Wort, jedem Satz, mich zu berühren und spricht mir aus der Seele. Auch in Ewig und Eins hat sie es wieder geschafft. Wirklich erstaunlich, wie schnell so ein Buch ein Lieblingsbuch wird.

“Das Gestern liegt zu weit zurück und verschwindet immer mehr. Das Morgen ist noch zu weit weg, um sich darüber ernsthafte Gedanken zu machen. Jetzt geht es um das Heute! Das Hier.” (S. 162)

Gemeinsam mit Ella, Ben und Jasper – die alle drei wirklich wundervolle, liebenswerte und sehr authentische Charaktere sind – erleben wir eine unvergessliche Nacht. Eine Nacht, in der viele Fragen geklärt werden, in der alle drei versuchen, wieder zu einander zu finden. Eine Nacht, voller Lieblingsmomente, voller Überraschungen und Abenteuer. Adriana hat mich mit Ewig und eins viel zum Lachen gebracht. Aber wie immer auch zum Nachdenken und ich konnte zurück in meine Schulzeit blicken, ein bisschen auch mit Wehmut. Wir erleben, wie alle drei versuchen, Antworten zu finden, mit der Vergangenheit abzuschließen und mit vielen neuen, gemeinsamen Erinnerungen in eine neue Zukunft zu starten.

“In diesem Moment, hier und jetzt, an einem Ort meiner Kindheit und Jugend, fühle ich mich so wohl wie schon lange nicht mehr.” (S. 197)

Die Nacht hat für alle drei ihre Höhen und Tiefen, und doch ist sie irgendwie magisch und ich würde das Buch am liebsten jetzt sofort noch einmal lesen. Es steckt so viel Wahrheit zwischen den Zeilen, so viele Erinnerungen werden beim Lesen wieder ausgegraben. Wer von uns hat es schon geschafft, mit den damaligen besten Freunden bis heute Kontakt zu haben – vermutlich nicht sehr viele. Und die, die es geschafft haben, sollten unendlich dankbar dafür sein. Die Geschichte von Ella, Ben und Jasper berührt, unterhält und macht Mut. Mut darauf, dass es nie zu spät ist, mit der Vergangenheit abzuschließen, in eine neue Zukunft zu starten, seine eigenen Träume zu erfüllen. Und es zeigt, wie wichtig es ist, die richtigen Menschen an seiner Seite zu haben – denn dann ist alles andere plötzlich nicht mehr so wichtig.

“Genau das ist es: Freundschaft. Freunde, die sich alles verzeihen, einander Mut machen und Träume teilen. Wir haben zu viel gemeinsam erlebt, um nicht noch weitere Kilometer zusammen zurückzulegen.” (S. 314)

Fazit

Ewig und Eins war einfach wundervoll. Ein absolutes Lieblingsbuch voller Lieblingsmomente die Lieblingsgefühle ausgelöst haben. Mit drei sympathischen, liebenswerten Protagonisten, die ich in mein Herz geschlossen habe. Ein Buch, dass ich immer und immer wieder lesen werde – um in Erinnerungen zu schwelgen, eine unvergessliche Nacht zu erleben, um zu Lachen oder zu Grübeln. Adriana schafft es einfach immer wieder, mich mit ihren Geschichten und Protagonisten zu verzaubern und zu unterhalten. Ein Buch, dass locker und leicht wirkt und doch so tiefgründig ist.

5herzen

Da bleibt nur zu sagen – LEST EWIG UND EINS – JETZT!

Den richtigen Song gibt es wieder von Thomas Pegram


 
Eine Leserunde läuft gerade auch bei mir.

Und Anfang Mai gab es eine wundervolle Blogtour zu Ewig und Eins:

Creativity First
Süchtig nach Büchern
Zwei Sichten auf Bücher
Bookwives
About Books

Die Autorin:

Adriana Popescu, geboren 1980 in München. Lieblingsmomente war ihr erster konventionell verlegter Roman. Vorher war sie als Drehbuchautorin für das Deutsche Fernsehen tätig und anschließend als freie Autorin für unterschiedliche Zeitungen, Zeitschriften, Onlineportale und Cityblogs. Neben dem Schreiben liebt sie das Fotografieren, wie man finde ich unschwer erkennen kann im Roman Lieblingsmomente und sie singt gerne laut zu Liedern im Radio mit. Im Dezember 2012 erschien ihr als E-Book selbstverlegter Roman Versehentlich verliebt, welches ein großer Überraschungserfolg war. Zum Buch Lieblingsmomente gibt es auch ein kleines E-Book, Tristans Moment. Der Nachfolger ist Lieblingsgefühle. Weitere Werke sind Ein Tag und zwei Leben, das es in mittlerweile sechs Episoden gibt sowie Liebe hoch 5 und 5 Tage liebe.

[Rezension] Bis ans Ende der Welt und zurück – Ruthie Knox

$
0
0

inhalt3

Bis ans Ende der Welt und zurück von Ruthie Knox (c) Lyx
Bis ans Ende der Welt und zurück von Ruthie Knox (c) Lyx

Autorin: Ruthie Knox; Erscheinungsjahr: 2015; Verlag: Lyx Egmont; Seiten: 297; Format: Taschenbuch; Originaltitel: Ride With Me; Originalverlag: Loveswept

Tom wird von seiner Schwester vollkommen überrumpelt, als sie im verkündet, für seine geplante Radtour durch die USA einen Reisegefährten organisiert zu haben. Er ist fest entschlossen, das Ganze abzusagen und fährt zu dem vereinbarten Treffpunkt. Aber er stellt fest, dass die Begleitung nicht wie erwartet ein Mann, sondern eine Frau ist – eine sehr attraktive Frau. Die kann er auf keinen Fall sich selbst überlassen, obwohl ihre aufgeweckte Art ihn in den Wahnsinn treibt. Auch Lexie ist alles anders als angetan von diesem wortkargen Einzelgänger. Dennoch machen sich die beiden gemeinsam auf den Weg.

Meinung

Schreibstil

Die Geschichte wird im Wechsel aus Toms und Lexies Perspektive erzählt. Das fand ich super, so konnte ich jeder Zeit erfahren, was die beiden übereinander Denken und fühlen. Auch sonst fand ich den Schreibstil gut, aber nichts Besonderes. Einfach ein typischer locker, leichter Sommerroman.

Charaktere und Geschichte

Grundsätzlich fand ich Tom und Lexie beide gut dargestellt, auch wenn ich mit Tom so gar nicht warm werden konnte und mir Lexie manchmal fast etwas auf die Nerven ging. Tom ist eher ein Einzelgänger und lebt sehr zurückgezogen. Er leidet unter seiner Vergangenheit und will mit Frauen nichts mehr zu tun haben. Zumindest will er niemals wieder eine feste Beziehung. Dennoch hat Lexie etwas an sich, und er kann von ihr nicht die Finger lassen. Lexie ist das genaue Gegenteil. Einzig die Liebe zum Fahrradfahren verbindet die beiden. Lexie braucht immer einen Plan, alles muss seine Ordnung haben, Tom liebt das Spontane und lässt sich treiben.

Ich mochte die Grundidee der Geschichte sehr. Zwei Fremde, die gemeinsam den TransAm Rail fahren und einen Sommer voller Abenteuer erleben. Allerdings hat mir die Umsetzung nicht so gut gefallen. Ich hatte auf atemberaubende Fahrten, in malerischen Kulissen und lauschigen Abend am Campingfeuer gehofft. Auf eine langsame Entstehung einer Liebe zwischen Lexie und Alex und einfach ein fluffiges Schmetterlinge-im-Bauch-Sommer-Feeling. Für mich stand dann aber die Tatsache, dass sich die beiden den Großteil des Buches über eher als Stücke Fleisch betrachtet haben, die man möglichst oft besteigen sollte, zu stark im Vordergrund. So geriet der Road-Trip und vor allem die Beziehung und Gefühle etwas in den Hintergrund. Ich hatte mehrmals überlegt ob ich doch noch abbreche, weil mir das einfach zu viel war und ich ein bisschen das Road-Trip wir lernen uns langsam Kennen-Feeling gefehlt hat und ich davon etwas enttäuscht wurde. Ich habe es dann aber doch noch durchgezogen und das Ende konnte mich wieder etwas besänftigen.

Fazit

Ruthie Knox könne mich mit ihrem Buch leider nicht wirklich überzeugen. Ich hatte mehrfach überlegt, ob ich nicht abbrechen soll, habe es dann aber durchgezogen. Die Idee war sehr schön, die Protagonisten auch ganz gut umgesetzt und auf jeden Fall vielseitig. Mir fehlte aber etwas das romantische, das Sommer-Road-Trip Feeling und das Herzliche. Es war einfach nicht das richtige Buch für mich, ich kann mir aber gut vorstellen, dass andere die Geschichte sehr mögen werden. Ihr sollte euch also eure eigene Meinung bilden, denn es gibt viele positive Meinungen.

2herzen

Autorin:

Ruthie Knox betrachtet Lesen als ihre Leidenschaft. Sie schrieb bereits einige zeitgenössische Liebesromane und hat sich unter den Romance-Lesern bereits einen Namen gemacht. Mehr unter www.ruthieknox.com

[Rezension] Die Glücklichen – Kristine Bilkau

$
0
0

inhalt3

Die Glücklichen von Kristine Bilkau (c) Luchterland
Die Glücklichen von Kristine Bilkau (c) Luchterland

Autorin: Kristine Bilkau; Erscheinungsjahr: 2015; Verlag: Luchterland (Random House); Seiten: 301; Format: Hardcover

Isabell und Georg sind ein glückliches paar. Sie ist Cellistin und er arbeitet als Journalist in einer Redaktion. Gemeinsam schauen sich sich abends beim Spazieren gehen gerne die Wohnungen Fremder an. Sie sehen lauter Dinge, die ihnen ein wohliges Gefühl geben – riesige Bücherregale, stilvolle Lampen oder bunte Kinderzimmer. Doch das Gefühl verliert sich bald.

Meinung

Schreibstil

Kristine Bilkau schreibt sehr distanziert, kühl und sachlich. Ganz ohne großes Tamtam, ohne Ausschweifungen, Verschönigungen oder viel Emotion. Und doch ist genau das der Zauber dieses Buches, auch wenn ich mich erst einmal daran gewöhnen musste. Gleichzeitig schafft sie es dennoch, die Gefühle und Gedanken von Isabella und Georg zu transportieren, sodass die stetig wachsende Verzweiflung, der Druck und die Hoffnungslosigkeit auch mich als Leser erreichten.

Geschichte  und Charaktere

Sie verachtet seine Vernunft und nimmt ihm seinen Mangel an Eitelkeit übel. Eine gewisse Eitelkeit, die verhindert, dass sie sich den miesen Umständen vorauseilend anpassen, dass sie eins werden mit den miesen Umständen, dass sie diese Umstände eigentlich erst heraufbeschwören. (S. 224)

Isabell ist Cellistin und versucht nach der Geburt ihres Sohnes Matti wieder Fuß zu fassen. Doch am Abend im Orchestergraben zittern ihre Hände. Sie versucht es zu verdrängen, nicht auszusprechen, in der Hoffnung, dass das Zittern so verschwindet, nicht real, nicht stärker wird. Sie zieht sich zurück, spricht nicht darüber. Gleichzeitig vermehren sich die Gerüchte, der Verlag würde die Zeitung, für die Georg arbeitet, verkaufen. Was mit Kürzungen und Entlassungen einhergeht. Der Traum der beiden, diese sichere, gefestigte Existenz in ihrer Altbauwohnung in der Isabella schon ihr halbes Leben wohnt, und ihr kompletter Lebensstil steht auf der Kippe. Bis auch noch das Gerüst vor der Tür steht und irgendwann ein Kronleuchter von der Decke im Treppenhaus baumelt und der Briefkasten eine Mieterhöhung ausspuckt. Während Isabell sich zurück zieht, wird Georg zum Rechner. Jeder Cent muss überlegt sein, statt Bio gibt es Discounter-Ware, eine neue Perspektive muss her, die sogar nicht zu den beiden passen will. Isabella hingegen versucht so weiter zu machen wie bisher, nur nicht wahrhaben, was passiert, nur alles auskosten, solange es noch geht. Immer mehr gelangen die beiden in diesen Strudel aus dem es immer schwerer wird, wieder herauszukommen.

Ich frage mich, wie lange es hier so weitergehen kann. Ich fühle mich wie unter Wasser. Ich tauche, ich halte die Luft an, eine Weile wird es noch gehen, aber ich weiß, lange halte ich es nicht mehr durch. (S. 195)

Kristine Bilkau konnte mich mit „Die Glücklichen“ trotz kurzer Eingewöhnungsphase, vollkommen überzeugen. Isabella und Georg waren hervorragend herausgearbeitet. Sie und ihre Lebenssituation waren klar und so unfassbar realitätsnah, dass man meinen könnte, man steckt selbst in der Geschichte. Was vor allem auch daran liegt, dass Kristine Bilkau ein Thema anspricht, dass uns alle in irgendeiner Weise beschäftigt und treffen kann. Eine Geschichte, wie sie jedem passieren kann, eine Geschichte von nebenan. Eine Geschichte, die mich berührte und mir noch Tage danach im Gedächtnis ist und mich aufwühlt. Trotz des klaren Schreibstil hat sie einiges zwischen den Zeilen versteckt. Als Leser muss man nur aufmerksam genug den Zeilen folgen und man wird mit vielen Erkenntnissen bereichert aus dem Buch wieder auftauchen.

Fazit

Kristine Bilkau hat einen klaren, sachlichen und dennoch emotionalen und berührenden Romanen geschrieben. Wahrheit, Realität, Hoffnung, Verzweiflung und ein Hauch Melancholie reihen sich aneinander ohne große Ausschweifungen ohne zu Überladen zu wirken. Eine starke, realitätsnahe Geschichte mit ebensolchen Charakteren die mich noch lange bewegen wird.

5herzen

Autorin:

Kristine Bilkau wurde 1974 geboren. Im Jahr 2008 war sie Finalistin des Literaturwettbewerbs open mike in Berlin und 2009 Stipendiatin der Autorenwerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin. 2010 erhielt sie dann das Stipendium des Künstlerdorfes Schöppingen, 2013 nahm sie and er Bayerischen Akademie des Schreibens des Literaturhaues München teil. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg und arbeitet als Journalistin für Frauen- und Wirtschaftsmagazine. „Die Glücklichen“ ist ihr Debütroman. Das Buch wurde bereits mit dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet.

[Rezension] Pandablues – Britta Sabbag

$
0
0

inhalt3

Pandablues von Britta Sabbag (c) Bastei Lübbe
Pandablues von Britta Sabbag (c) Bastei Lübbe

Autorin: Britta Sabbag; Verlag: Bastei Lübbe; Erscheinungsjahr: 2012; Format: Taschenbuch; Seiten: 256

Charlotte ist nach den ganzen Hürden aus Pinguinwetter nun endlich glücklich vergeben und wohnt mit Eric zusammen. Nach ihrem Praktikum im Zoo wurde sie dort auch gleich als Pinguin-Pflegerin übernommen. Doch was für komische Telefonate führt Eric da nur immer von wegen *Schatz* und so. Und so ganz ist die Arbeit als Pinguinpflegerin ja nicht das, was sie sich für den Rest ihres Lebens vorstellt. Und überhaupt ist diese zwei Zimmerwohnung ja doch etwas klein für zwei. Glücklicherweise stehen ihr ihre besten Freundinnen Mona und Trine auch in diesem Band wieder beiseite, auch wenn sie ihre eigenen Macken haben.

Meinung

Nachdem ich euch ja bereits bei „Das Leben ist (k)ein Ponyhof“ und „Pinguinwetter“ begeistert vom Schreibstil von Britta Sabbag erzählt habe und in der Rezension zu „Pinguinwetter“ schon ausgiebig meinen Senf zu den Charakteren Mona, Trine, Charlotte und Eric gegeben habe, gibt es heute eine Kurzrezension.

Auch hier hat mich Britta Sabbag wieder mit ihrem lockeren, humorvollen Stil begeistert. Die Geschichte ist chaotisch, lustig und eine super Lektüre für den Sommer. Ruck zuck bin ich am Ende der Geschichte angelangt und konnte mehrmals lauthals Lachen. Charlotte hat auch in Pandablues wieder allerlei Fettnäpfchen, die sie mitnehmen kann und eine verzwickte und chaotische Situation nach der andern, die sie durchlebt. Mona und Trine stehen ihr auch in diesem Band wieder stets zur Seite. Besonders amüsiert hat mich das Weihnachtsfest mit der ganzen durchgeknallten Familie von Charlotte, einfach köstlich. Insgesamt hat mir Charlotte in diesem Band aber etwas weniger gefallen als in Pinguinwetter. Diesmal fand ich ihr Verhalten gegen Ende nicht ganz so gut und etwas übertrieben. Andererseits passt es natürlich zu ihr. Schade fand ich, das Eric, den ich in mein Herz geschlossen hatte, kaum eine Rolle spielt und dann auch zwischenzeitlich keine sehr gute hat. Die Geschichte war etwas vorhersehbar, was aber nicht gestört hat und das Ende konnte mich dann doch überraschen und macht Lust auf einen dritten Band.

Fazit

Pandablues ist wieder eine lustige, chaotische, durchgeknallte Geschichte mit ebensolchen Charakteren. Charlotte erlebt Sachen, die zwar sehr überspitze aber dennoch irgendwie bodenständig dargestellt sind. Es machte mir wieder viel Spaß, sie durch ihr chaotisches Leben zu begleiten und ich konnte mehrmals lauthals Lachen. Dadurch, das Eric etwas zu kurz kam und Charlotte mir in Pinguinwetter etwas besser gefallen hat, gebe ich Pandablues vier von fünf Herzen.

4herzen

Autorin

Britta Sabbag wurde 1978 in Osnabrück geboren und studierte Sprachwissenschaften, Psychologie und Pädagogik in Bonn. Danach war sie sechs Jahr lang als Personalerin in unterschiedlichen Firmen tätig. 2009 beschloss sie, nur noch das zu tun, was sie schon immer wollte: schreiben. Ihr Debüt Pinguinwetter war ein Bestseller. Weitere Bücher sind zum Beispiel Pandablues, Stolperherz und natürlich das Leben ist (k)ein Ponyhof.

Hier gibt es ein Interview mit ihr – Darf ich bitten: Britta Sabbag.


[Rezension] Amy on the summer road – Morgan Matson

$
0
0

inhalt3

Amy on the summer road von Morgan Matson (c) cbj
Amy on the summer road von Morgan Matson (c) cbj

Autorin: Morgan Matson; Erscheinungsjahr: 2012; Verlag: Cbj; Seiten: 714 (bei meinen ebook-Einstellungen); Format: ebook; Originaltitel: Amy & Roger’s Epic Detour; Originalverlag: simon schuster

Amy hat sich nach dem Tod ihres Vaters vollkommen zurückgezogen. Und als ob ihr Leben nicht schon schlimm genug wäre, kommt ihre Mutter noch mit der Nachricht des bevorstehenden Umzugs. Von Kalifornien will sie nach Connecticut, um einen Neuanfang zu starten. Amy soll nachkommen..mit einem wildfremden Jungen, der das Auto fahren soll. Amy hat keine Lust darauf und ist verzweifelt, bis sie Roger sieht. Der irgendwie süß und sympathisch ist. Beide verstehen sich und sind sich schnell einig, das die Strecke, die Amy’s Mutter ausgesucht hat, viel zu langweilig ist. So begeben sie sich auf einen kleinen Abstecher, der zur Tour kreuz und quer durch Amerika wird.

Es gab gar nicht so viele Tränen, wie ich weinen wollte. Meine Stimme war zu schwach zum schreien.“ (S. 293 von 714 meine Ebook-Einstellungen)

Meinung

amyonthesummerroad

Schreibstil

Morgan Matson schreibt sehr einfach und schlicht. Als Leser sollte man nicht mit der Erwartung eines herausragenden und einzigartigen Schreibstils an das Buch gehen. Dennoch konnte sie mich von der ersten Seite an verzaubern. Die Geschichte ist aus der Sicht von Amy erzählt, dementsprechend passt der Schreibstil zu Hunderprozent. Er hat etwas sehr jugendliches und bringt die Gefühle und Gedanken von Amy sehr gut rüber. Trotz der Schlichtheit schafft Morgan Matson es, durch ihre Beschreibungen der Landschaften zu beeindrucken. Sie schaffte es das Buch emotional und dennoch humorvoll zu gestalten.

Es war so viel mehr als nur ein ‚Fehlen‘. Es war Warten, ein ständiges Warten auf den Telefonanruf, der nie kam. Das Warten darauf, eine Stimme zu hören, die ich nie, nie wieder hören würde.“ (S. 626 von 714 meine Ebook-Einstellungen)

Charaktere und Geschichte

Amy hat erst vor knapp drei Monaten ihren Vater verloren. Ihr Leben ist damit komplett aus den Fugen geraten. Ihr Bruder hatte schon seit Monaten Schwierigkeiten und verarbeitet das Ganze in der Entzugsklinik. Ihre Mutter ist bereits seit einem Monat in Connecticut. Amy soll nun mit dem Auto nachkommen. Doch Amy kann seit dem Unfall nicht mehr fahren. Deshalb hat ihre Mutter Roger, den Sohn einer alten Bekannten gebeten, Amy nach Connecticut zu bringen. Denn der muss eh nach Philadelphia, was nicht all zu weit weg ist. Amy hat absolut keine Lust darauf und schon gar nicht will sie aus Raven Rocks in Kalifornien weg oder vier Tage lang mit einem Typen verbringen. Denn sie hat sich komplett in sich zurückgezogen, hat keinen Kontakt mehr zu irgendjemanden und sich an ihre Einsamkeit gewöhnt. Doch als Roger vor der Tür steht, merkt sie schnell, dass die beiden auf einer Wellenlänge sind. Gemeinsam beschließen sie, die vorbereitete Route ihrer Mutter zu ignorieren. Sie machen lieber einen kleinen Abstecher, der sich immer weiter ausdehnt.

Die Story ist zwar an sich nicht so wahnsinnig überraschend und spannend, aber Morgan Matson überzeugt mit viel Feinheiten und Gefühl und diesen zwei wundervollen Protagonisten Amy und Roger. Beide habe ich in mein Herz geschlossen und vermisse sie jetzt schon. Amy ist zu Beginn noch sehr vorsichtig, verschlossen, hat Angst, laut auszusprechen, dass ihr Vater gestorben ist. Sie verschließt sich vor der Außenwelt. Doch mit jeder Meile, die Roger und Amy zurück legen, beginnt sie ein Stück der alten Amy zu finden. Nach und nach schafft es Roger und der Road Trip, Amy lockerer werden zu lassen, und mit jeder Meile kann sie sich mehr öffnen bis sie anfängt, die Geschehnisse zu verarbeiten. Diese Entwicklung ist trotz der Schlichtheit unglaublich bewegend und ich habe mit Amy mitgelitten.

„[…] und jemand schrie und hörte nicht mehr auf. Erst als der Rettungswagen kam und ein Sanitäter mich aus dem Auto zog und mich fest an den Schultern packte und schüttelte, mekrte ich, dass ich das war.“ (S. 651 von 714 meine Ebook-Einstellungen)

Gleichzeitig ist die Geschichte aber auch sehr unterhaltsam, humorvoll und begeisterte mich durch diesen epischen Road Trip. Gemeinsam mit den beiden entdecken wir Amerika. Dabei erfahren wir allerlei Kurioses und Interessantes zu den einzelnen Staaten, die sie besuchen. Der Trip ist immer wieder durch einzigartige Aufenthalte an den verschiedensten Orten der USA unterbrochen, die nie langweilig werden. Ganz besonders schön sind die Unterbrechungen der Geschichte durch Einträgen in ein Reisejournal mit Eintrittskarten, Kassenbons und Fotos, die den Road Trip der beiden dokumentieren. Zu jedem Staat schreibt Amy einen kleine Zusammenfassung und wir bekommen vor jeder neuen Station einen Einblick in die Playlisten des Trips.

Neben Roger und Amy kamen auch einige tolle Nebencharaktere vor, die allesamt ihren eigenen Charme in die Geschichte brachten. Fast jeden einzelnen von ihnen konnte ich ebenfalls in mein Herz schließen. An Amy und Roger kam aber nur noch Amy’s Dad heran. In verschiedensten Rückblicken konnten wir erfahren, was für ein wundervoller Vater und Ehemann er war, was Amy’s Verlust gleich noch tragischer werden lies.

Fazit

Morgan Matson hat mit Amy on The Summer Road ein Buch geschrieben, das sich tief in mein Herz gebrannt hat. Trotz des relativ schlichten und einfachen Schreibstils konnte sie viel Gefühl transportieren. Die Aufmachung des Buches, Amy und Roger und dieser unvergessliche Road Trip, der uns zeigt, dass das Leben weiter gehen muss, es lebenswert ist und man Gefühle nicht verstecken kann, verdienen volle fünf Herzen.

5herzen

Autorin:

Morgan Matson hat Schreiben für junge Leser an der New School in New York studiert. Ihre größte Leidenschaft sind Road-Trips quer durch die USA. Sie hat bereits drei mal die Staaten durchreist. Derzeit leb sie in Los Angeles.

[Rezension] Wer ist Mr Satoshi – Jonatahn Lee

$
0
0

inhalt3

Wer ist Mr Satoshi von Jonathan Lee (c) BTB
Wer ist Mr Satoshi von Jonathan Lee (c) BTB

Autorin: Jonathan Lee; Erscheinungsjahr: 2015; Verlag: btb; Seiten: 314; Format: Taschenbuch; Originaltitel: Who is Mr Satoshi?; Originalverlag: William Heinemann, London

„Dieses Päckchen ist für Mr. Satoshi. Wenn wir seine Adresse heraufinden.“ (Vom Klappentext des Buches)

Das sind die letzten Worte, die Foss’ Mutter sagte, während sie liebevoll einen alten, abgenutzten Schuhkarton tätschelt. Deshalb entschließt der Panikattacken heimgesuchte Fotograf, den rätselhaften Mr. Satoshi zu finden. Die Reise führt ihn in die schrille Welt Japans. Dabei entdeckt Foss, das die Vergangenheit seiner Mutter ein einschneidendes Ereignis im Jahr 1946 hatte. Bei seiner Suche wir er von der pinkhaarigen Chiyoko unterstütz.

Meinung

Schreibstil

Der Schreibstil von Jonathan Lee ist mitreißend und packend. Er hat etwas ganz Besonders an sich, dass man nicht jeden Tag liest. Der Schreibstil hat selbst eine etwas langwierige Passage für mich einigermaßen wett gemacht. Die Geschichte wird uns aus der Sicht von Foss erzählt, was uns tief in seine Gefühlswelt eintauchen lässt.

„Um mich und über mir ein Getümmel von Schatten, Absätze wie zwölf Zentimeter lange Dolche, von hinten angestrahlte Hände, ein gelbes Rund an einem wässrig grauen Himmel, Neonsymbole flimmernd wie Sterne.“ (S. 110)

Charaktere und Geschichte

Rob, von allen Foss genannt, ist 41 Jahre alt und versteckt sich vor der Welt. Er ist ein erfolgreicher und berühmter Fotograf, macht aber keine aktuellen Fotos mehr. Seit einem einschneidenden Erlebnis vor einigen Jahren wird er von Panikattacken heimgesucht, ist depressiv und tablettensüchtig. Er verlässt seine Wohnung nur, um seine demente Mutter zu besuchen. Bei seinem letzten Besuch stirbt sie. Die letzten Worte, die sie an ihn richtet, beziehen sich auf ein altes Päckchen, das unbedingt an einen Mr Satoshi gehen soll, aber die Adresse wird wohl nicht mehr stimmen. Foss nimmt das Päckchen an sich und die Sache lässt ihn nicht mehr los.

„In dem Moment wusste ich es noch nicht, aber der Staub war nur der Anfang all dessen, was durch meine Einmischung in der Welt meiner Mutter aufgewirbelt würde; bald schon würde nichts mehr an seinem Platz sein, nichts mehr so, wie es gewesen war.“ (S. 25-26)

Die Suche nach Mr Satoshi führt ihn nach Japan wo er auf die lebhafte und etwas aufgedrehte Chiyoko trifft, die selber ihr eigenes Päckchen zu tragen hat. Sie hilft ihm, sich in dem Land zu orientieren und bei seiner Suche. Doch Foss ahnt noch nicht, was er entdecken wird. Beide Charaktere mochte ich sehr. Sie waren zwar vielleicht nicht unbedingt wahnsinnige Sympathieträger, aber sie waren authentisch und facettenreich, wie aus dem echten Leben. Ich konnte mit beiden mitfühlen und mitleiden, denn sie haben es nicht leicht.

Die Geschichte beginnt sehr vielversprechend, der Schreibstil packte mich und ich wurde direkt in die Geschichte geworden. Wir lernen Foss kennen, der sein Einsiedlerdasein fristet, ständige von Panikattacken heimgesucht wird und tablettensüchtig ist. Die Suche fängt an, ihn aus seinem Schneckenhaus zu locken. Mit jedem Tag, fängt er ein bisschen mehr an zu Leben. Die Geheimnisse, die er aufdeckt, zeigen ihm, was im leben wichtig ist und dass man einen Menschen nie zu 100 Prozent kennen kann. Leider hat die Suche zwischenzeitlich zu lange stagniert, es ist nichts passiert, keine neunen Entwicklungen oder Geschehnisse. Das hat die Geschichte etwas gedämpft.

Fazit

Wer ist Mr Satoshi ist ein sprachlich sehr gelungener Roman. Die Schreibstil war etwas Besonderes und hat das Buch für mich zu etwas Speziellem gemacht. Die Suche nach Mr Satoshi zeigt Foss, wie es ist zu Leben, aber auch, dass man nie sicher sein kann, jemanden richtig zu kennen. Eine Geschichte über das Leben, Verluste und Trauer und das es wichtig ist, diese zu bewältigen. Leider stagnierte die Geschichte zwischendurch etwas, weshalb ich nur vier von fünf Herzen geben kann.

4herzen

Autorin:

Jonathan Lee wurde 1981 in Surrey geboren. Er studierte englische Literatur und lebte eine Zeitlang in Südamerika und arbeitete in einer Anwaltskanzlei in London City. Im Jahr 2007 wurde er nach Tokio versetzt. Als er zurück in England war, ließ er sich beurlaube und schrieb „Wer ist Mr Satoshi?“. Inzwischen lebt er in New York City und arbeitet nebenbei für das Literaturmagazin A Public Space.

[Rezension] Die andere Seite des Himmels – Jeannette Walls

$
0
0

inhalt3

Die andere Seite des Himmels von Jeannette Walls (c) Diana Verlag
Die andere Seite des Himmels von Jeannette Walls (c) Diana Verlag

Verlag: Diana Verlag – Verlagsgruppe Random House; Erscheinungsjahr: 2013; Seiten: 363; Autorin: Jeannette Walls, Format: Taschenbuch; Originaltitel: The Silver Star; Originalverlag: Scribner

Die beiden Schwestern Bean, 12 Jahre, und ihre ältere Schwester Liz, sind oft auf sich alleine gestellt. Doch das stört sie nicht, denn sie können gut auf sich aufpassen. Ihre Mutter hat in ihrem Leben nur Platz für ihre Träume, nur wenig für ihre Töchter. Deshalb wundern sich Bean und Liz nicht, als sie nach einem Streit die Flucht ergreift. Dass sie allerdings wochenlang verschwindet, ist neu. Die beiden schlagen sich quer durch Amerika von Kalifornien bis nach Virginia um bei ihrem Onkel unter zu kommen. Endlich lernen die beiden ihre Familie kennen. Doch gerade als sie sich wie zu Hause fühlen, taucht ihre Mutter wieder auf…

Meinung
Schreibstil

Ich kann zwar nicht genau beschreiben warum, aber der Schreibstil von Jeanette Walls hat mich einfach vom ersten Satz an komplett gefangen, quasi magisch angezogen. Ich kann wirklich nur ganz schwer erklären warum. Die Geschichte wird uns von Bean erzählt, zum Teil so sachlich, nüchtern und realistisch. Walls hat es geschafft, diese Sachlichkeit und Nüchternheit dennoch authentisch für eine recht selbstbewusste, aber trotzdem kindliche 12jährige zu schreiben. Ich glaube, dass ist, was mich so fasziniert.

Charaktere und Geschichte

„Sie hatte mich gerettet. So eine Schwester war Liz. Und deshalb machte ich mir an dem Abend, als das ganze Chaos anfing, auch keine Sorgen, dass Mom seit vier Tagen weg war.“ (S. 10)

Bean und Liz sind zwei so wundervolle, authentische und liebenswerte Charaktere. Die Geschwisterliebe und der Zusammenhalt strahlt aus jedem Satz heraus. Gemeinsam trotzen sie der Umwelt, schlagen sich durch, auch wenn ihre Mutter sie wieder im Stich lässt. Zusammen fahren sie mit dem Bus nach Bayler, als ihre Mutter mehr als zwei Wochen verschwindet und langsam das Jugendamt aufmerksam wird. Liz weiß noch, das dort ihr Onkel Tinsley wohnt. Dieser wirkt anfangs etwas verschroben und weiß nicht recht, wie er damit umgehen soll, dass die beiden vor seiner Tür stehen. Schnell merkt man aber, wie liebenswürdig er eigentlich ist und wie schwer er es in seinem Leben bisher so hatte. Da verzeiht man ihm auch seine Verschrobenheiten. Allgemein sind sämtliche Charaktere, egal ob die liebenswerten oder die bösen, sehr realitätsnah gezeichnet. Obwohl ihre Mutter die Mädchen oft im Stich lässt, so kann man sie dennoch nicht hassen, denn schnell merken wir, was sie selber alles mitgemacht hat und das sie psychisch viele Probleme mit sich trägt.

Wir erleben nicht nur, wie sich die beiden durchschlagen und wie sie eine nicht gerade einfache Kindheit meistern. Sondern werden ebenfalls mit schweren Themen wie dem löchrigen Rechtssystem der damaligen Zeit, der Rassentrennung und dem Vietnam-Krieg konfrontiert. Denn die Geschichte spielt in den 70er Jahren. Das machte die Geschichte aber keinesfalls langweilig oder überfrachtet sondern hat sie zu etwas ganz Besonderem gemacht. Wells schafft es die Kindheitsgeschichte zweier unzertrennlicher, herzensguter Schwester geschickt mit den damaligen Verhältnissen in einer typischen Kleinstadt der Südstaaten zu verweben und einen fesselnde Geschichte zu erschaffen.

Fazit

Jeanette Walls konnte mich in allen Punkten überzeugen. Mit ihrem nüchternen, sachlichen Schreibstil der dennoch das kindliche der 12jährigen Bean, die die Geschichte erzählt, widerspiegelt, hat sie mich gefangen. Sie schafft es die Problematiken einer Kleinstadt der Südstaaten in den 70er Jahre mit löchrigem Rechtssystem, Rassentrennung und den Meinungen zum Vietnam-Krieg mit einer berührenden Kindheitsgeschichte zweier liebenswerter und herzensguter Mädchen zu verweben.

5herzen

Autorin:

Jeannette Walls studierte am Barnard College und arbeitete über zwanzig Jahre als Journalistin in New York. Sie wurde in Phoenix, Arizona, geboren. 2006 erschien ihr Debüt „Schloss aus Glas“, das in dreiundzwanzig Sprachen übersetzt und zum internationalen Bestseller wurde. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Virgina.

[Rezension] Die Widerspenstigkeit des Glücks – GAbrielle Zevin

$
0
0

Fazit

Die Widerspenstigkeit des Glücks von Gabrielle Zevin (c) Diana Veralg
Die Widerspenstigkeit des Glücks von Gabrielle Zevin (c) Diana Veralg

Autorin: Gabrielle Zevin; Erscheinungsjahr: 2015; Verlag: Diana Verlag; Seiten: 287; Format: Taschenbuch; Originaltitel: The Storied Life of A.J. Fikry; Originalverlag: Algonquin Books of Chapel Hill

A.J. Fikry ist ein unglücklicher Mensch – obwohl er auf einer wundervollen Insel und umgeben von seinen tausenden Büchern lebt. Bis er einen ungebetenen Gast entdeckt – Die zweijährige Maya ist Waise und wurde in seiner Buchhandlung ausgesetzt. Gegen seinen Willen nimmt er die kleine Maya auf und sein Leben wird völlig auf den Kopf gestellt. Und dann ist da noch Amelia, eine Verlagsvertreterin, die er nicht so einfach vergessen kann.

Meinung

Schreibstil

„Mein Leben steht in diesen Büchern, möchte er ihr sagen. Lies sie, dann kennst du mein Herz.“ (S. 272)

Ich liebe, liebe, liebe den Schreibstil von Gabrielle Zevin. Wie sie es schafft so schlicht aber dennoch berührend zu schreiben. Wie sie als Beobachter das Leben von A.J. erzählt und zwischendurch und sogar in die dreijährige Maya versetzt. Einfach wundervoll und bewegend und dennoch klar und nicht überfrachtet. Auf jeder einzelnen Seite, in jedem einzelnen Wort, strahlt zudem die Liebe zu Büchern und Literatur heraus. Einfach, ach, ein Traum.

Charaktere und Geschichte

„Offenbar bin ich jetzt, in mittleren Jahren, zum Softie geworden. Aber mein späteres Verhalten zeigt auch, dass es wichtig ist, bestimmten Erzählungen in genau dem richtigen Lebensalter zu begegnen.“ (S. 55)

Es gibt so Bücher, die liest man und wird sie niemals wieder vergessen. Bücher, die zwar klar und einfach ohne große emotionale Ausschmückungen geschrieben sind und dennoch unter die Haut gehen. Gabrielle Zevi hat mit „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ genau so ein Buch geschrieben. Dabei kriecht es einem nur langsam und kontinuierlich unter die Haut, nimmt uns zwischenzeitlich auch auf eine sehr unterhaltsame Reise mit, hinterlässt uns dann aber mit einem leicht melancholischen, aber zufriedenen Gefühl.

Fikry ist ein sehr verschrobener Mensch. Als wir ihn kennenlernen ist er unglücklich, lebt alleine über seiner Buchhandlung, trinkt gerne mal zu viel und igelt sich ein. Doch Maya, ein Waisenkind, dass in seiner Buchhandlung abgebend wird und Amelia, eine Verlagsvertreterin werden über die nächsten Jahre hinweg sein Leben ändern.

„Das ärgerliche aber ist, dass dir, wenn dir erst mal eine Sache am Herzen liegt, im Laufe der Zeit alles wieder wichtig wird.“ (S. 92)

Gegen seinen Willen zeiht er die kleine Maya auf und macht aus ihr einen fast ebenso verschrobenen, aber genauso liebenswerten Büchernerd, wie er selbst einer ist. Alle drei passen so wundervoll zu einander, sie sind nicht perfekt, sie führen keine romantische, bewegend Beziehung, aber eine reale, reine, die tief unter die Haut geht. Trotz so weniger Worte lernen wir viele besonderer Charaktere kennen, die authentisch und facettenreich sind und alle auf ihre Weise bezaubern.

Die Geschichte selbst ist sehr ruhig, mit wenig Tempo, wenig Tamtam und genau das macht sie so wundervoll klar. Die Literatur, dieses unglaubliche Gefühl, dass man bekommt, wenn man sich mit Büchern umgibt, über Bücher redet und diese Liebe, die manch einer für Bücher empfindet, umfängt uns vom ersten Satz an und lässt uns bis zum letzten Wort nicht mehr los.

Fazit

Gabrielle Zevin hat mit „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ ein so wundervolles Werk erschaffen. Es ist kühl, schlicht und mit wenig Tempo. Dennoch kriecht es einem unter die Haut, unterhält und berührt und hinterließ mich fröhlich und melancholisch zugleich. Ein Buch, dass ich nicht vergessen werden und jedem empfehlen kann. Vor allem jedem, der Bücher so sehr liebt wie ich und das leben eines leicht verschrobenen Buchhändlers, der seine Päckchen zu tragen hat, kennen lernen will.

5herzen

Autorin:

Gabrielle Zevin studierte Literatur in Harvard. Sie wurde 1977 in New York geboren. Sie schreibt Romane und Drehbücher, die bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurden. Der Durchbruch gelang ihr mit „Die Widerspenstigkeit des Glücks“.

[Rezension] Nachts von Mercedes Lauenstein

$
0
0
Nachts von Mercedes Lauenstein (c) Aufbau Verlag

Nachts von Mercedes Lauenstein (c) Aufbau Verlag

inhalt3

Eine junge Frau streift jede Nacht durch die Stadt. Sie ist auf der Suche nach Etwas und weiß eigentlich gar nicht wonach. Sie denkt, dass sie es vielleicht hinter diesen letzten erleuchteten Fenstern finden kann. Sie klingelt und begegnet dabei Menschen im Moment ihrer höchsten Einsamkeit und Menschen, die nachts erst richtig leben, wenn um sie herum alles still und dunkel ist.

„Für einen Moment kippt meine Wahrnehmung der Nacht. Die Nacht ist plötzlich kein Ende mehr, kein toter Punkt, sondern etwas Neues. Nichts Dunkles, sondern etwas Helles.“ (S. 24)

Meinung

Mercedes Lauenstein schreibt sehr gefühlvoll, voller Metaphern und Wahrheiten, die einem unter die Haut kriechen. Sie schreibt beruflich Reportagen und Essays, was man vom ersten Satz an merkt. Das ganze Buch ist eine Sammlung kleiner Kurzgeschichten, die schon wie eine sehr bewegende, realitätsnahe Reportage anmuten. Es ist, als würden die Mensch in diesem Buch wirklich existieren, als könnte ich wie die namenlose Erzählerin einfach nachts bei ihnen klingeln und Hallo sagen.

„Wenn ich am Fenster sitze und Castro trinkt, dann ist alles wie in Watte, wie eingeschneit, nur eben ganz warm, und kein bisschen beneide ich die, die draußen rumlaufen.“ (S. 13)

Die junge, namenlose Erzählerin nimmt uns nacht für nacht mit zu fremden Menschen. Menschen, die auch sie selbst nicht kennt. Sie erzählt ihnen, sie sei eine Forscherin, die herausfinden will, warum manche Leute nachts wach sind. Jede Nacht, mal um kurz nach eins, mal um kurz vor fünf, sucht sie nach diesem einen, letzten erleuchteten Fenster. Sie klingelt. Einige begegnen ihr mit Skepsis, doch schließlich lässt sie jeder herein. Sie alle fangen an, ihre Geschichte zu erzählen.

„Die Nacht mag ich nicht. Es ist, als würden die Leute nachts aus ihren Häusern verschwinden, in ein Land gehen, zu dem ich keinen Zugang habe, und mich hier den bösen Geistern zum Fraß überlassen.“ (S. 101)

Das Buch ist keine zusammenhängende Geschichte, sondern jeder dieser 25 Personen bekommt seine eigene, in sich abgeschlossene Geschichte, seine eigene Nacht. Das lässt den Leser tief in die Geschichte jedes einzelnen eintauchen. Wir lesen von Menschen, die einsam sind, Menschen, die nicht schlafen können, die von Ängsten oder Kummer geplagt sind oder die die Nacht einfach nur lieben. Von Leuten, die ankommen, die aufbrechen, die einschneidende Erlebnisse hatten und deswegen in diesem Moment nicht schlafen. Jeder einzelne von ihnen ist dabei so wahnsinnig authentisch. Mercedes Lauesten schreibst so real, dass ich mich fühlte, als würde ich selber gerade mit auf Bett, dem Balkon, am Fenster, dem Küchentisch sitzen und der Erzählung der jeweiligen Person lauschen.

Nur eine, eine berichtet uns ihre Geschichte bis zum Schluss nicht- die Erzählerin selbst – nur in den letzten Zeilen, in der letzten Nacht, kommt heraus, warum sie das ganze wirklich macht und das konnte mich trotz leiser Ahnungen sehr überraschen.

Fazit

Mercedes Lauenstein ist ein wunderbares, gefühlvolles, emotionsgeladenes und dennoch sanftes und ruhiges Debüt gelungen. Ein Debüt, dass dem Leser das Gefühl gibt, ein tiefgründige, emotionale Reportage zu realen Menschen zu lesen. Mit einem wunderbar klaren, sanften Schreibstil, der still vor sich hin plätschert und realitätsnahen Charakteren mit einzigartigen Geschichten.

5herzen

Weitere Rezensionen:

Die Liebe zu den Büchern

Fraencis Daencis

In Büchern Leben

Literatourismus

Autor:

Mercedes Lauenstein wurde 1988 in Kappen an der Schlei geboren. Seit 2009 arbeitet sie in der jetzt-Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Als freie Autorin schreibst sie Essays und Reportagen für verschiedene Magazine und Zeitungen. Sie lebt in München.

[Rezension] Als die Sonne im Meer verschwand von Susan Abulhawa

$
0
0
Als die Sonne im Meer verschwand von Susan Abulhawa (c) Diana Verlag

Als die Sonne im Meer verschwand von Susan Abulhawa (c) Diana Verlag

inhalt3

Die Palästinenserin Nur ist in Amerika aufgewachsen und kennt die malerischen Dörfer ihrer Heimat nur aus den Erzählungen ihres Großvaters. Bis sie Jamal trifft, der als Arzt in Gaza arbeitet und sie dorthin einlädt. Nur reist zum ersten Mal zu ihrer Familie und erlebt, wie eng deren Geschichte mit der Israels und Palästinas verflochten ist. Die Eindrücke überwältigen sie. Und sie muss dort auch eine bittere Wahrheit über Jamal lernen.

Meinung

„Für Nur war es das erste Mal, dass sie an einen Ort zurückkehrte, der ihr etwas bedeutet. Bislang war sie eine Getriebene gewesen, wollte immer nur fort. Fort in der Hoffnung, der nächste Ort möge besser sein.“ (S. 363)

Auch in diesem zweiten Buch konnte mich Susan Abulhawa von beginn an mit ihrem wundervoll bildlichen, emotionalen und packenden Schreibstil gewinnen. Wie bei Während die Welt schlief, hat die Geschichte, deren Charaktere alle fiktiv sind, doch einen Hauch von ihr selbst, ihrer Familiengeschichte, ihrer Herkunft und die bittere Realität des Nahost-Konfliktes in sich. Diese Realität, diese Spur Echtheit innerhalb des Lebens der erfunden Protagonisten sind es, die mich auch in diesem Buch wieder tief berührten und mitnahmen. Die einen mitten ins Herz gehen und einen tief erschüttern. Susan Abulhawa schafft es, mit ihrem tiefgründigen, ruhigen Stil, der keinerlei Brutalität ausdrückt und nicht einen Bomben- oder Raketenangriff ausführlich schildert, dennoch die grausame Realität des Lebens der Flüchtlinge in Gaza zu transportieren. Auf eine Art und Weise, die unter die Haut geht.

Die Protagonisten, wobei Nur für mich eigentlich nur ein eher nebensächlicher Charakter ist, sind liebenswert, geplagt vom Schicksal, aber sie lassen sich nicht unterkriegen. Der Klappentext ist finde ich etwas irreführend, denn wir erleben zunächst viele Jahre gemeinsam mit Nur’s Vorfahren, zu denen sie erst viel später im Buch findet. Gemeinsam mit ihnen erleben wir den täglichen Kampf ums Überleben, den ständigen Verlust von Hab und Gut, der Angst vor neuen Kämpfen, dem Trauma, mit dem viele Menschen dort leben. Gleichzeitig erleben wir, wie widerstandsfähig vor allem die Frauen aus Nur’s Familie sind. Wie sie jede Gelegenheit nutzen, das Leben dennoch zu lieben und so angenehm wie möglich zu gestalten.

Nur ist entfernt verwandt mit den letzten Hinterbliebenen, die noch in Gaza leben. Sie ist in Amerika aufgewachsen und hat eine schwere Kindheit hinter sich. All diese seelischen Wunden nutz sie, selbst anderen als Psychologin zu helfen. Und so erleben wir, wie dieser scheinbar starke aber doch so zerbrechliche Charakter das erste Mal ihre Heimat erlebt und erfährt, was es heißt eine sie liebende Familie zu haben. Eine Familie, die sie sofort aufnimmt und wieder Hoffnung schöpft in dieser schwierigen Zeit.

„Der Mond ging auf, ein willkommener Gast, den alle mit Ehrfurcht begrüßten. Es war der selbe Mond, der auf den Rest der Welt jenseits des Käfigs fiel, und das gab den Menschen ein Gefühl der Freiheit.“ (S. 371)

Fazit

Susan Abulhawa setzt mit „Als die Sonne im Meer verschwand“ wieder ein Zeichen. Ein Zeichen, wie wichtig es ist, eine Familie zu haben, ein Leben voller Glaube, Hoffnung und Liebe. Sie zeigt die unbeschreibliche Kraft und den Zusammenhalt palästinensischer Frauen in Gaza. Dabei zieht sie einen mit authentischen, kraftvollen Charakteren und ihrem emotionalen, packenden Schreibstil von der ersten Seite an mit.

5herzen

 

Autorin:

Susan Abulhawa wurde als Kind palästinensischer Flüchtlinge geboren. Sie Wuchs in Kuwait, Jordanien und Jerusalem auf. Im Teenager-Alter ging sie nach Amerika, wo sie noch heute mit ihrer Tochter lebt. Susan Abulhawa engagiert sich für Menschenrechte und die Lebensumstände palästinensischer Kinder, die in besetzten Gebieten leben. Währen die Welt schlief, ist ihr Debüt und ein internationaler Bestseller.

 

[Rezension] Die Frau mit dem roten Schal von Michel Bussi

$
0
0
Die Frau mit dem roten Schal von Michel Bussi (c) Aufbau Verlag

Die Frau mit dem roten Schal von Michel Bussi (c) Aufbau Verlag

inhalt3

Zuerst sieht Jamal nur den roten Schal. Doch dann auch die verzweifelte junge Frau, die am Rande der Klippen steht. Er wirft ihr den Schal zu, will sie retten. Aber sie springt. Doch niemand glaubt seine Geschichte, denn vor einigen Jahren sind bereits zwei andere Frauen nach exakt dem gleichen Muster zu Tode gekommen. Jamal versucht verzweifelt zu beweisen, dass er nichts mit dem Tod der Frau zu tun hat, doch alles spricht gegen ihn. Bald weiß er nicht mehr, was wahr ist und wem er noch vertrauen kann.

sketchnotediefraumitdemrotenschal

Meinung

Schreibstil

Michel Bussi schreibst sehr schlicht, aber dennoch auch geheimnisvoll. Seine Beschreibungen von Orten und Personen sind einzigartig. Die Geschichte wird von Jamal erzählt und springt immer wieder zwischen den Zeiten. Zusätzlich wird sie unterbrochen von Polizeiberichten, die Jamal von einem oder einer Unbekannten zugesteckt werden. Selbst diese hat Bussi in seinem literarischen Schreibstil gehalten, statt in der typischen Beamtensprache, was mir gut gefallen hat.

Geschichte und Charaktere

Jamal ist ein sehr einzigartiger Charakter, den man so sonst nicht trifft. Oft ist es so, dass Charaktere sich einander ähneln, dass man bei einem Buch denk, ja so in der Art hab ich das schon gelesen. Jamal ist da ganz anders, ich kann noch nicht mal genau beschreiben wieso. Auch die anderen Charaktere, egal ob sie nun viel vorkamen oder nicht, hatten alle etwas besonders, insbesondere Mona. Sie hatte etwas sehr geheimnisvolles an sich und hat mir ebenfalls gut gefallen.

Jamal ist nur für wenige Tage in Yport, und trainiert jeden Morgen für den schwersten  Lauf der Welt – obwohl er nur ein Bein hat. Eines morgens sieht er dort ein wunderschönes Mädchen am Rande der Klippen stehen und einen roten Schal, den sie auf ihrer Flucht scheinbar verloren hat. Er nimmt ihn mit, geht langsam auf sie zu und spricht sie an, will sie daran hindern, wirklich zu springen. Er reicht ihr den Schal, damit sie sich daran festhalten kann. Doch sie reißt ihm den Schal aus den Händen und springt. Am Fuße der Klippen sieht er nur noch ihre Leiche liegen, gemeinsam mit zwei andern Zeugen, die am Strand spazieren gingen.

Doch die Polizei will seine Geschichte, sie wäre freiwillig gesprungen, nicht glauben. Denn vor zehn Jahren gab es schon einmal zwei solcher Fälle, die nach dem selben Muster abliefen. Verzweifelt versucht er, seine Unschuld zu beweisen und verstrickt sich immer tiefer in ein Netz voller Geheimnisse. Bis er anfängt selber an sich zu zweifeln, selber nicht mehr weiß, was wahr ist und was nicht. Ist er doch ein Mörder? Wird er verrückt? Was ist die Wahrheit? Will ihm jemand eine Falle stellen?

Fragen über Fragen, die auch mich als Leser stets in Atem hielten und mich immer wieder auf die falsche Fährte führten. Bussi schafft es zu erst langsam und gemächlich zu starten und einen quasi in Sicherheit zu wiegen, bis dann plötzlich alles Schlag auf Schlag geht. Bis eine Wirrung nach der anderen auftaucht und auch mich als Leser immer mehr daran zweifeln lässt, wer nun gut und böse ist, was nun wahr und falsch ist. Mich konnte Bussi von der ersten bis zu letzten Seite fesseln und mehrfach überraschen. Das Ende hat dem Ganzen dann aber noch die Krone aufgesetzt.

Fazit

Michel Bussi hat einen Roman voller Wirrungen, Fragen und Geheimnisse erschaffen. Er konnte mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln und stets aufs neue verwirren. Mit seinem Charakter Jamal und dem Ende hat er mich begeistert und rundet das ganze mit einem schlichten, aber einnehmenden Schreibstil ab.

5herzen

Autorin:

Michel Bussi wurde 1965 geboren. Er ist Politologe und Geograph und lehrt an der Universität in Rouen. Seine Romane haben sich international als Bestseller durchgesetzt und wurden in zwanzig Sprachen übertragen. Er wurde vielfach ausgezeichnet und gehört zu den Top-5 meistverkauften Autoren in Frankreich.


[Rezension] Zwanzig Zeilen Liebe von Rowan Coleman

$
0
0
Zwanzig Zeilen Liebe von Rowan Coleman (c) Piper

Zwanzig Zeilen Liebe von Rowan Coleman (c) Piper

 

inhalt3

Weil ich den Klappentext so traumhaft schön finde, hier das Original von euch, vom Piper Verlag:

Es gibt Briefe, die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern, und solche, die dich zum Weinen bringen. Und dann, ganz selten, gibt es noch die Nachrichten, die sich tief in dein Herz brennen. Die dir bewusst machen, worauf es wirklich ankommt: auf die Liebe. Auf das Glück. auf den einen Moment im Leben, in dem die Sterne am Himmel ein wenig heller leuchten…

„Auf dem Papier werden ihre Worte unsterblich, wunderschön, persönlich. Sie kommen von Herzen und sind etwas Besonderes. Sie bleiben, sie können immer wieder gelesen werden. Ein Brief ist eine Erinnerung, die nie verschwindet, verblassen oder vergessen werden kann.“ (S. 408)

Meinung
Rowan Coleman konnte mich bereits mit ihrem ersten Buch „Einfach unvergesslich“ tief berühren. Umso mehr habe ich mich gefreut, endlich „Zwanzig Zeilen Liebe“ in den Händen zu halten.

Auch in diesem Buch schafft sie es, ein ernstes, trauriges Thema auf eine magische Art zu transportieren. Es ist ein sehr bewegendes Buch, dass dennoch Hoffnung und Leichtigkeit versprüht. Das macht es zu etwas ganz Besonderem. Sie schreibt so einfühlsam und emotional, damit trifft sie einem mit jedem Satz mitten ins Herz. Zwischen den einzelnen Kapiteln sind immer wieder Briefe, die Stella schreibt. Jeder einzelne davon, hat mich berührt und mehr als einmal zum Weinen gebracht.

Stella ist eine Krankenschwester, die in einem Hospiz arbeitet. Jede Nacht versteckt sie sich dort vor ihrem eignen Leben. Jede Nacht versucht sie den Sterbenden und ihren Familien die letzten Tage so erträglich und glücklich wie möglich zu machen. Jede Nacht schreibst sie Briefe. Briefe die die Patienten an ihre Familie und Freunde oder Menschen aus der Vergangenheit richten. Briefe, mit denen sie sich verabschieden, sich bedanken, einen letzten Wunsch mit auf den Weg geben. Zeilen, die jedes Mal aufs neue zeigen, was am Ende wirklich zählt – das man sich verzeihen kann, das man in Frieden mit seinem Leben abschließt, das man sein Leben lebt und versucht, jeden einzelnen Moment bis ins letzte auszukosten.

„Ich bin gerne zu Hause in meiner eigenen Welt. Die Welt da draußen ist nichts für mich.“ (S. 22)

Diese Geschichte verpackt Rowan Coleman mit liebenswerten, wunderbaren Charakteren. Stella versucht ihr bestes, um für jeden Patienten dazu sein. Dabei hat sei selber ein dickes Päckchen zu tragen. Sie hilft Hope, neuen Lebensmut zu finden. Den Hope ist nur vorübergehend da, sie ist dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen. Und sie schreibt für Grace die letzten Zeilen auf. Zeilen, die ihr zeigen, dass es sich lohnt zu Kämpfen, ja das man sogar Kämpfen muss, um das Leben zu führen, das man führen möchte. Um die Menschen zu halten, die man liebt oder um wenigsten den Lebensabschluss zu haben, den man sich wünscht. Jeder Charakter ging mir tief unter die Haut, hat eine berührende aber auch realistische Geschichte. Aber ganz besonders haben mir Jake, Ninja und Shadow gefallen. Warum, das müsst ihr selber herausfinden.

„Also vermisse mich nicht, weil ich nämlich gar nicht sterbe, ich verändere nur die Form – ich bin der Wind in den Baumkronen, die Welle im Meer, die Kieselsteine unter deinen Füßen, der Staub auf deinen Bücherregalen, der Nachthimmel.“ (S. 364)

Fazit

Rowan Coleman hat mich mit Zwanzig Zielen Liebe mehr als einmal zum Weinen gebracht. Obwohl das Buch sich viel ums Sterben dreht, handelt es doch eher vom Leben. Jeder einzelne Brief, jeder Charakter, zeigt uns, wie wichtig es ist zu Kämpfen. Für sein Leben und für die Dinge und Menschen die man liebt. Ein Buch, dass mich bewegt hat und mitten ins Herz getroffen hat. Ein Buch das zeigt, wie wichtig es ist, jeden einzelnen Moment der uns auf dieser Welt vergönnt ist, bis ins Letzte auszukosten, egal wie schwer es auch manchmal fallen mag.

5herzen

Autorin:

Gemeinsam mit ihrer Familie lebt Rowan Coleman in Hertfordshire. Ihre Zeit verbringt sie am liebsten mit dem Schreiben, wenn sie sich nicht mit ihren fünf Kindern beschäftigt. Ein Wunsch von Rowan Coleman ist es, dass ihr Leben ein Musical wäre, doch ihre Tochter findet die Idee gar nicht gut. Mit „Einfach unvergesslich“ brachte sie bereits ihren elften Roman heraus.

Weitere Rezensionen:

Books in My World

Primeballerina

Lottas Bücher

[Rezension] Das Sommerversprechen von Elin Hilderbrand

$
0
0
Das Sommerversprechen von Elin Hilderbrand (c) Goldmann

Das Sommerversprechen von Elin Hilderbrand (c) Goldmann

inhalt3

Die 48-jährige Dabney leitet seit knapp 25 Jahren die Handelskammer von Nantucket. Jeder kennt und liebt sie. Nicht nur, wegen ihrer Funktion sondern vor allem, weil sie die inoffizielle Heiratsvermittlerin der Insel ist. Sie hat schon über vierzig Paare zusammen gebracht. Denn sie erkennt seit ihrer Jugend, ob jemand zusammenpasst oder nicht. Doch dann erfährt Dabney, dass sie Krebs hat und nur noch wenige Monate leben wird. Sie beschließt, die verbliebene Zeit zu nutzen, um den wichtigsten Menschen in ihrem Leben den richtigen Partner zu suchen. Ihrem Ehemann, ihrem Liebhaber und ihrer Tochter. Doch was halten die drei selbst davon…

Meinung

„Mir fehlt mein Herz. Und das ist bei deiner Mutter. Ist es immer gewesen.“ (S. 255)

Der Schreibstil von Hilderbrand ist eher schlicht und stach für mich nicht besonders heraus. Es las sich wie ein Sommerbuch von vielen, wenn mir auch die Beschreibungen von Nantucket wirklich gut gefielen.

Dabney, die seit Jahrzehnten die Handelskammer von Nantucket, einer beschaulichen Insel, leitet, hat schon viele Paare zusammen gebracht. Sie sieht eine grüne Aura um die Paare, wenn es nicht die richtigen sind oder eine rosige Aura, wenn sie füreinander geschaffen sind. Bisher hat sie sich noch nie geirrt. Nur in diesem Sommer ist alles etwas anders, irgendwie ist der Wurm drinnen und ihr geht es zunehmend schlechter. Ab hier beginnt der Inhalt des Buches, doch vom Klappentext abzudriften. Die Handlung ist zwar schon nah an dem dran, was dort steht, aber auf eine andere Art und Weise. Es war schön geschrieben, aber mich hat das während des Lesens doch genervt, dass es eben nicht genau das ist, was dort steht. Somit geht man mit etwas falscher Vorstellung an das Buch heran.

Leider hat die Handlung für mich auch etwas stagniert. Wir lesen oft, wie schlecht es Dabney geht, doch die denkt zunächst über mehr als die Hälfte des Buches, ich würde sagen sogar das dreivierte Buch lang, sie wäre liebeskrank, wegen ihrer Dreiecksbeziehung. Das fand ich doch sehr unrealistisch und hat dafür gesorgt, dass das Buch irgendwie nicht ganz von der Stelle kam. Was sehr schade ist, denn die Idee und das Konzept fand ich wirklich schön und auch Dabney und ihre gute Freundin Nina mochte ich sehr. Alle anderen Charaktere waren für mich eher etwas farblos, aber sie haben dennoch diesen typischen Kleinstadt/Inselcharme versprüht.

Zwischendurch sind immer mal wieder kleine Geschichten von einzelnen Paaren, die Dabney verkuppelt hat, eingeschoben. Auch diese Idee fand ich wirklich süß, aber leider wirkten sie Fehl am Platz und mehr als Seitenfüller. Es hätte definitiv besser umgesetzt werden können. Erst im hinteren Teil des Buches nimmt die Geschichte vor allem emotional an Fahrt auf, als Dabney dann endlich ihre Diagnose bekommt. Ganz zum Schluss bekommen sogar die kleinen Geschichten der Paare einen Sinn, der mich dann doch noch berühren konnte.

„Dabney irrte sich nie. Sie hatte einen Blick für die Liebe, wie manche Menschen einen Blick für Farben haben.“ (S. 376)

Fazit

Alles in allem konnte mich „Das Sommerversprechen“ nicht ganz überzeugen. Der Titel Das Sommerbuch des Jahres erschließt sich für mich leider nicht. Die Idee hat mir im Ansatz gut gefallen und ich mochte die Charaktere. Allerdings arbeitet Hilderbrand doch mit recht viel Klischee, die Handlung stagnierte etwas und die Geschichte nahm mich erst sehr spät emotional mit.

3herzen

Autorin:

Elin Hilderbrand kommt auf die besten Ideen, wenn sie am Strand ist oder in einer der belebten Straßen von Boston. Ihre Kinder beknien sie regelmäßig, nicht in Beisein von anderen laut zu singen oder zu tanzen. Hilderbrand lebt mit ihrer Familie auf Nantucket, wo auch ihre Geschichten spielen.

Weitere Rezensionen:

Papier und Tintenwelten

Anima Libri

[Rezension] Die Tochter des Malers von Gloria Goldreich

$
0
0
Die Tochter des Malers von Gloria Goldreich (c) Aufbau Verlag

Die Tochter des Malers von Gloria Goldreich (c) Aufbau Verlag

inhalt3

Autorin: Gloria Goldreich; Erscheinungsjahr: 2015; Seiten: 576;Verlag: Aufbau Verlag; Format: Taschenbuch; Originaltitel: The Britta Chair; Originalverlag: Sourcebooks

Als Ida, die behütete Tochter des Ausnahmekünstlers Marc Chagall sich im Paris der 1935er Jahre in den Studenten Michel verlierbt, steht ihre innige Beziehung zu ihrem Vater auf dem Spiel. Als Frankreich von den Deutschen besetzt wird, droht ihrer Familie tödliche Gefahr, was Marc Chagall aber durch die blinde Hingabe an seine Kunst verleugnet. Bald muss Ida das Zepter in die Hand nehmen und sich entscheiden – zwischen ihrem eigenen Lebensweg und der Rettung ihres Vaters.

Meinung

„‚Il y a toujours l’espérance‘ […]: Hoffnung – das war das schönste Geschenk das er Ida mitbringen würde.“ (S. 195)

„Die Tochter des Malers“ ist ein bibliografischer Roman über Ida, die Tochter des berühmten Malers Marc Chagall. Gloria Goldreich schafft es, streng chronologisch das aufrüttelnde, bewegende, stürmische Leben von Ida zu erzählen, ohne den Leser zu langweilen. Sie webt geschickt die historischen Geschehnisse, die Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg und die Verbindung der Familie Chagall, insbesondere die von Marc, zur Religion und Kunst mit ein.

Während die Beziehung zwischen Ida und Marc und vor allem Idas Leben und der Weg von einer behüteten, verhätschelten Tochter zu einer starken Frau im Vordergrund des Buches steht, bringt uns Goldreich die Kunst Chagalls und die Bedeutung dahinter näher ohne das es die Erzählung stört und wie aus dem Lehrbuch wirkt.

Wir tauchen in das Leben der Chagalls im Jahr 1935 ein, als Ida in einem Ferienlager den jungen Studenten Michel kennen lernt, der ebenfalls der Sohn russischer Juden ist. Er und seine Familie werden jedoch von den Chagalls aufgrund ihrer Armut verachtet. Ida wird schwanger und von ihren Eltern zur Abtreibung und Hochzeit mit Michel gezwungen, weil sonst das Ansehen ihrer Familie auf dem Spiel steht. Dieser Moment in Ida’s Leben ist der Wendepunkt in der Beziehung von Ida zu ihrem Vater, auch wenn sich die Wandlung sehr langsam vollzieht.

Während der Kriegsjahre hinweg erleben wir, wie Ida verzweifelt versucht, ihre Eltern zu retten, sie zum Exil in Amerika zu überreden. Vom behütenden und verwöhnten Kind wird sie zu einer Frau, die kämpfen kann, die genau weiß, wie sie ihre Reize einsetzten kann, um ihr Überleben zu sichern. Sie ist augenscheinlich stark, unabhängig, teilweise sogar arrogant und ist nicht immer ein sympathischer Charakter. Das Wohl ihres Vaters und ihrer Mutter steht über allem, sogar über ihrem eigenen Leben. Nach und nach wird sie diejenige, die das Leben ihres berühmten, aber sehr naiven, realitätsfremden und arroganten Vaters regelt. Dabei merkt er kaum, was Ida alles tut und sie versucht verzweifelt, Wörter der Anerkennung zu bekommen. Diese Abhängigkeit spiegelt sich bis zur letzten Zeile des Buches wieder, dieser Kampf der jungen Ida, ihrem Vater gerecht zu werden und dennoch ihre eigene Liebe, ihr eigenes Leben zu finden.

„Sie würde immer die Tochter ihres Vaters bleiben, sie würde ihn immer lieben, doch jetzt, endlich, musste sie nur noch ihre eigenen Kinder bemuttern.“ (S. 576)

Goldreich hat die Charaktere Ida und ihre Eltern sehr authentisch und vielschichtig gezeichnet. Es ist, als erlebte man all diese Jahre gemeinsam mit ihnen. Als würde man mit ihnen an einem Tisch sitzen. Sie hat hervorragend Recherchearbeit geleistet und gibt uns einen tiefen Einblick in das Leben dieser einzigartigen Frau, die so unfassbar stark und unabhängig wird und doch zerbrechlich ist. Ida war dabei nicht immer sympathisch aber beeindruckt durch ihre unablässige Loyalität gegenüber ihrer Familie. Zwar wirkt das Buch an mancher Stelle etwas zu aufgebauscht, während die letzten Jahre auf wenige Seiten gequetscht werden, dennoch konnte es mich durchgehend unterhalten. Die szenischen Beschreibungen sind großartig. Goldreich schafft es stets, die momentane Atmosphäre zu transportieren. Dieses stetige Gefühl der Bedrohung und die Todesangst im zweiten Weltkrieg und später das berauschende Gefühl des Umbruchs, der dennoch von der Vergangenheit überschattet ist.

Fazit
Gloria Goldreich zieht uns mitten in das bewegende, aufregende, stürmische Leben von Ida und Marc Chagall. Dank ihr dürfen wir Ida auf ihrem Weg eines überbehüteten Kindes zu einer starken, kämpferischen, aber dennoch zerbrechlichen Frau begleiten. Ein authentischer, vielschichtiger biografischer Roman, der hervorragend recherchiert ist, uns Geschichte und Kunst näher bringt und mich trotz zwischenzeitlicher Längen gut unterhalten konnte.

4herzen

Autorin:

Gloria Goldreich wurde für ihre zahlreichen Erzählungen, Kinder- und Jugenbücher bereits vielfach ausgezeichnet. Sie ist die Mutter von drei Kindern und lebt gemeinsam mit ihrem Mann in Tuchahoe, New York.

Weitere Rezensionen:

Chimiko’s Welt

Lisibooks

[Rezension] Stoner von John Williams

$
0
0

inhalt3

Stoner von John Williams (c) dtv

Stoner von John Williams (c) dtv

Verlag: dtv; Erscheinungsjahr: 2014; Ersterscheinungsjahr: 1965; Seiten: 349; Autorin: John Williams, Format: Taschenbuch;

Das Buch handelt von einem Mann, der als Sohn armer Farmer geboren wurde, bis er schließlich seine Leidenschaft für Literatur entdeckt. Er wechselt das Studienfach und wird später Professor. Die Geschichte eines genügsamen aber auch wahrhaftigen Lebens. Der Roman behandelt viele Themen – es geht um Freundschaft, Ehe, den Campus und über harte, erbarmungslose Arbeit auf Farmen. Aber es geht auch um Liebe in all ihren Facetten. Ein Roman über das Menschsein.

Meinung

„[…] Die Liebe zur Literatur, zur Sprache, zum Mysterium des Verstandes und des Herzens, wie sie sich in den kleinen, seltsamen und unerwarteten Kombinationen von Buchstaben und Wörtern zeigt […], diese Liebe begann er nun offen zu zeigen, zögerlich zuerst, dann mutiger und schließlich voller Stolz.“ (S. 144)

John Williams hat einen eher kühlen, schnörkeligen aber doch sehr eingehenden und anmutigen Schreibstil. Ohne große Ausschmückungen und Höhepunkte erzählt er uns die Geschichte von John Stoner. Er wird als Sohn armer Farmleute geboren und lebt ihn einer sehr kühlen Familie, in der es kaum Emotionen geschweige den ein Familienleben gibt. Und genauso schreibst Williams. Diese ständige unterkühlte Stimmung, dieses harte Leben vollkommen ohne Ehrgeiz von Stoner transportiert er dadurch sehr glaubhaft.

Zunächst studiert Stoner im Landwirtschaftskurs. Jeder Student muss allerdings einen Einführungskurs in Literatur mitmachen. Und plötzlich entdeckt Stoner seine Liebe zur Literatur und schafft es schließlich bis zum Assitenzprofessor. Aber auch keinen Schritt darüber hinaus. Sein Leben lang arbeitet er Tag ein Tag aus ohne auch nur den geringsten Anspruch an seine Arbeit und seine Zukunft zu haben. Er ist gefangen in seiner eigenen Lustlosigkeit und einer ziemlich verkorksten Ehe. Sein Leben meistert er nur durch einen unerschütterlichen Gleichmut und seine Leidensfähigkeit gegen die Zumutungen die das Leben ihm aufbürdet. Aber nicht nur das hilft ihm, sondern vor allem seine Liebe zu Büchern und zu seiner Arbeit. Dort findet er tagein, tagaus Trost.

Ihr seht also, Stoner führt ein sehr unspektakuläres, langweiliges Leben und Williams schafft es, diese Atmosphäre so gut zu transportieren, das ich selber schon ganz bedrückt und irgendwie deprimiert wurde. Was ich fast schon wieder gut finde, denn so konnte ich mich sehr gut in das Leben von Stoner hineinversetzten. Trotz fehlender Höhepunkte und dieser dauerhaften kühlen Atmosphäre ist das Buch dennoch berührend und ich konnte es kaum aus der Hand legen.

“Den Älteren bedeutet sein Name eine Erinnerung an das Ende, das sie alle erwartet, für die Jüngeren ist er bloß ein Klang, der ihnen weder die Vergangenheit näherbringt, noch eine Person, die sich mit ihnen oder ihrer Karriere verbinden ließe.” (S. 7/8)

Es ist eine Geschichte über einen Menschen, der gebrochen ist und in einer kalten Ehe voller Hass gefangen ist ohne zu wissen, wie das geschehen konnte. Eine Geschichte über ein Leben voller Niederschläge, über einen jahrzentelangen, persönlichen Kampf. Ein Roman über einen Menschen, der lebte ohne zu leben, ein Roman über ein gescheitertes Leben.

Fazit
Stoner ist eine sehr eigenwillige Geschichte. Es gibt keine Höhepunkte, das ganze Buch transportiert eine sehr kühle und melancholische Stimmung. Und dennoch konnte mich Williams damit berühren und schafft es, Stoners Liebe zur Literatur auf eine einzigartige Weise zu transportieren. Das Buch hat mich nicht unterhalten aber berührt und zum Nachdenken gebracht und ist deswegen auf seine Art eine gelungene Geschichte.

4herzen

Autor:

John Williams wurde 1922 geboren und starb 1994. Er wuchs im Nordosten von Texas auf, besuchte dort das College und wurde Journalist. Im Jahr 1942 meldete er sich zu den United States Army Air Forces und war in Burma eingesetzt. Dort schrieb er an seinem ersten Roman. Anschließend ging er nach Denver wo er 1950 seinen Masterabschluss in Englischer Literatur machte. Er lehrte bis zu seiner Emeritierung Creative Writing und Englische Literatur an der Universität Missouri. Neben „Stoner“ verfasste er vier weitere Romane, wobei der letzte unvollendet blieb. Das Buch wurde bereits 1965 veröffentlich, doch erst mit einer Neuauflage im Jahr 2006 erlangte es Berühmtheit.

Weitere Rezensionen:

Buzzaldrins

Literaturen

Librovision

The post [Rezension] Stoner von John Williams appeared first on Lovely Mix.

[Rezension] Letzte Nacht von Catherine McKenzie

$
0
0

inhalt3

Letzte Nacht von Catherine McKenzie (c) Heyne

Letzte Nacht von Catherine McKenzie (c) Heyne

Verlag: Heyne
Erscheinungsjahr: 2014
Seiten: 413
Autorin: Catherine McKenzie
Format: Taschenbuch
Preis: [D] 12,99 € und [A] 13,40 €
Verlagsseite mit Leseprobe
Originaltitel: Hidden
Originalverlag: Random House

„Natürlich, jeder Mensch kennt Reue. Lose Enden. Dinge, die wir tun würden, wenn wir mehr Zeit hätten.“ (Rückseite des Buches)

Jeff ist 39 Jahre und ein guter Familienvater. Er ist stolz auf seine langjährige Ehe. Bis er eines abends bei einem Unfall ums Leben kommt. Tish ist seine Kollegin. Für sie bricht eine Welt zusammen, als sie von seinem Tod erfährt. Denn erst kurz zuvor gaben sich die beiden ein Versprechen, das niemand außer ihnen kennt. Claire ist Jeffs Frau. Sie liebte ihn durch zahlreiche Höhen und Tiefen. Aber als eine unbekannte Frau auf der Beerdigung auftaucht, kommen ihr Zweifel. Hat sie Jeff vielleicht doch nie richtig gekannt? Und was hat ihn mit Tish verbunden?

Letzte Nacht von Catherine McKenzie (c) Heyne

Letzte Nacht von Catherine McKenzie (c) Heyne

Meinung

McKenzie überzeugt durch einen ruhigen, sanft dahinplätschernden Schreibstil. Sie verzichtet auf große Floskeln und viele Ausschmückungen und schafft es dennoch starke Emotionen zu transportieren.

Mit „Letzte Nacht“ greift sie essentielle Fragen des Lebens auf. Wem soll man folgen, Kopf oder Herz? Ist es wichtiger, sich selbst treu zu sein oder seine Familie zu schützen? Soll man sich lieber selbst enttäuschen oder Frau und Kind? Mit all diesen Fragen sehen sich Jeff, Tish und Claire, die drei Protagonisten, konfrontiert.

Jeff, Tish und Claire sind drei Protagonisten, die mich berührten und die ich leicht in mein Herz schließen konnte. Was auch daran lag, dass alle drei ihre eigenen Kapitel bekommen. Mckenzie lässt die Geschichte durch alle drei erzählen. So bekommt jeder der Charaktere viel Raum sich zu entfalten, gibt uns Einblicke in sein Innerstes. Einblicke zu Gefühlen, Ängsten, Zweifeln.

Jeff ist ein liebevoller Vater und Ehemann. In jedem seiner Abschnitte spürte ich als Leser, wie sehr er seinen Sohn Seth liebt und seine Frau Claire. Wir erfahren viel über seine Beziehung zu den beiden und über die Vergangenheit von Claire und Jeff. Diese wird auch immer wieder durch Claire beleuchtet. Dadurch ermöglicht Mckenzie es mir als Leser, diese Vielschichtigkeit einer Beziehung zu erleben. Es gibt so viele Dinge, die man nicht über den anderen wissen kann und vielleicht auch nicht wissen muss oder sollte. Es zeigt, wie wichtig es ist, miteinander zu reden und wie wichtig Vertrauen ist.

Auch von der Verbundenheit zwischen Jeff und Tish bekam ich viel zu spüren, ohne zu wissen, ob und was den nun zwischen den beiden gelaufen ist oder nicht. Wir erleben auch Tish mit ihrem Mann Brian und ihrer Tochter Joey und erhalten die selben, umfassenden und berührenden Einblicke wie auch bei Claire und Jeff.

Dabei wartet die Geschichte kaum mit Spannungsmomenten auf und die Handlung plätschert auch meist eher vor sich hin. In Rückblicken erfahren wir, wie die Jeff und Claire, Tish und Brian und Brain und Tish zueinander fanden, wie sie leben und lieben und über gute und schlechte Entscheidungen. So stört die fehlende Spannung kaum, denn dieser ruhige Verlauft transportierte die Empfindungen der Protagonisten auf eindringende Art und Weise.

Letzte Nacht von Catherine McKenzie (c) Heyne

Letzte Nacht von Catherine McKenzie (c) Heyne

Fazit

„Letzte Nacht“ ist keine rasante Geschichte. Nichts mit überraschenden Wendungen oder viel Spannung. Aber das Buch ist eine Geschichte rund um tiefgehende Fragen im Leben. Der Alltag und das unspektakuläre Leben zweier Familien. Mit all ihren Problemen, Wünschen, Entscheidungen und der Frage, was wirklich zählt in einer Beziehung. Trotz ein paar Längen konnte mich McKenzie emotional mitnehmen und erschuf eine tiefe Verbundenheit zu den drei Protagonisten.

4herzen

Autorin:

Gemeinsam mit ihrem Ehemann lebt Catherine Mckenzie im kanadischen Montreal. Nachdem sie Geschichte und Jura studierte arbeitet sie heute als Anwältin. Nebenbei ist sie Bloggerin für „The Huffington Post“

The post [Rezension] Letzte Nacht von Catherine McKenzie appeared first on Lovely Mix.

Viewing all 90 articles
Browse latest View live




Latest Images

Pangarap Quotes

Pangarap Quotes

Vimeo 10.7.0 by Vimeo.com, Inc.

Vimeo 10.7.0 by Vimeo.com, Inc.

HANGAD

HANGAD

MAKAKAALAM

MAKAKAALAM

Doodle Jump 3.11.30 by Lima Sky LLC

Doodle Jump 3.11.30 by Lima Sky LLC